Berlin, Bonn, Leipzig, Göttingen. Für das Fach der Medicin haben sich sogar im wesentlichen heute nur zwei grosse Centren herausgebildet – Berlin und Wien, – während früher noch Leipzig und besonders Würzburg in Betracht gekommen sind. Endlich aber steht die traurige Thatsache fest, dass ein grosser Theil der Ordinarien – und das sind alle unbedeutenden oder mittelmässigen Menschen und Gelehrten – nicht denjenigen Docenten seine Empfehlungen widmet, die es durch ihren Fleiss und ihre wissenschaftliche Tüchtigkeit vorzugsweise verdient haben, sondern denen, die sich durch Schmeicheleien, durch Verehrung der Frau oder der Tochter in das Herz des Professors eingeschlichen haben. Ganz schweigen wollen wir an dieser Stelle von den glücklicher Weise in einer kleinen Minderzahl vorhandenen Gelehrten, welche überhaupt nur sich anerkennen, sich anbeten und zu bösartig sind, um für irgend einen Nebenmenschen ein gutes Wort einzulegen, wenn sie aber anständiger Weise etwas wie eine Empfehlung geben müssen, den Teufelsfuss gleich so deutlich dabei zeigen, dass die Empfehlung gewöhnlich ins Wasser fällt. Endlich aber dürfen wir uns nicht verhehlen, dass auch die Form der Empfehlung sehr in Betracht kommt und eine gewisse Geschicklichkeit manifestiren muss. Derbe Naturen, oder solche, die in rohen und untergeordneten Lebensverhältnissen gross geworden sind, werden nur selten im Stande sein, eine wirksame Empfehlung auszurichten. Manche Empfehlungen
Hans Flach: Der deutsche Professor der Gegenwart. Leipzig 1886, Seite 89. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Flach_Der_deutsche_Professor.djvu/097&oldid=- (Version vom 17.8.2016)