die Ausgleichung heterogener oder diametral verschiedener Ansichten. Ist hierzu in einem Lande die Gelegenheit nicht gegeben, so kann dies schon als ein Beweis für die Abnahme des wissenschaftlichen Bewusstseins gelten. Wir halten daher auch die wissenschaftlichen Parteizeitschriften, in denen jeder Artikel daraufhin geprüft wird, ob er nicht gegen das Dogma eines für unfehlbar erklärten und mit der Zeitschrift eng verbundenen Schulhauptes verstosse, für ein ebenso unwissenschaftliches, wie reactionäres Unternehmen, welches von allen aufgeklärten Gelehrten in den Bann gethan werden sollte. Eine einseitige Richtung würde aber die Wissenschaft mit derselben Sicherheit zum Untergang führen, wie es ausgemacht ist, dass nur das gegenseitige Ergänzen und das Auffinden der mannigfaltigsten Gesichtspunkte in einem einzigen Gebiet eine allgemeine Befruchtung zu Wege zu bringen im Stande ist. Eine Regierung, welcher das Wohl der Wissenschaft am Herzen liegt, wird daher niemals der Allmacht der Schulhäupter Vorschub leisten, sondern vielmehr ihr, soweit sie es vermag, mit allen zu Gebote stehenden Mitteln entgegen arbeiten, um nicht den Boden reiner Wissenschaftlichkeit langsam vereinseitigen und untergraben zu lassen.
Ganz verschieden, aber ebenso gefährlich für den Staat, sind die subjectiven Wirkungen, welche die Bevorzugung einzelner Schulhäupter und Schulmitglieder hervorzurufen pflegt. Es entsteht nämlich
Hans Flach: Der deutsche Professor der Gegenwart. Leipzig 1886, Seite 106. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Flach_Der_deutsche_Professor.djvu/114&oldid=- (Version vom 17.8.2016)