Während nun auf der einen Seite der gesellschaftliche Ton durch diejenigen Frauen, welche im Hause ein absolutes Regiment führen, in der Weise verschlechtert wird, dass feinere Beamten- oder Offiziersfrauen, wenn sie zufällig stille Beobachter solcher Scenen werden könnten, ein Grauen vor diesen aufgeregten und schreienden Professorenfrauen bekommen würden und nicht selten die Erinnerung eines tönenden Fischmarktes an dem Gestade der Elbe oder der Havel in ihrer Seele dämmernd aufsteigen würde, ist naturgemäss der Schaden, welchen der Professor selbst durch die täglichen und ermüdenden Gesellschaften der Wintersaison davonträgt, ungleich grösser und bedenklicher. Denn je weniger sein Körper Widerstand zu leisten vermag, um so schlimmer wird die Wirkung auf Körper und Geist sein, und die Vorlesungen werden ebenso die Spuren der letzten Gesellschaft und der halb durchwachten Nacht verrathen, wie das wissenschaftliche Arbeiten sehr bald auf den Gefrierpunkt herabsinkt. Doch wird an denjenigen Hochschulen, auf denen ein derartiger Strudel den Winter über herrscht, auf gelehrtes Arbeiten überhaupt kein Gewicht gelegt, im Gegentheil werden diejenigen leicht verdächtigt, schlecht behandelt und angefeindet, welche sich von einem solchen unprofessorenmässigen Leben abwenden und in der Einsamkeit ihres Zimmers gelehrten Arbeiten obzuliegen vorziehen. An solchen Hochschulen vermögen schon die jüngsten Füchse diejenigen Professoren
Hans Flach: Der deutsche Professor der Gegenwart. Leipzig 1886, Seite 139. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Flach_Der_deutsche_Professor.djvu/147&oldid=- (Version vom 17.8.2016)