süddeutschen Hochschule aus gegen einen Professor nach Berlin und nach einer andern Hauptstadt absolut verlogene Briefe geschrieben wurden, ohne dass es möglich war den Verfasser, der gerichtlich belangt werden konnte, zu eruiren, weil die Adressaten ihre Quelle naturgemäss verschwiegen. Und so wird es gewöhnlich sein, und jene Zunft der Lügner, Nachteulen, Verläumder, Ehrabschneider unter den Professoren wird ihr verwerfliches Treiben im Dunkeln stets fortsetzen können, indem sie sich dabei der heuchlerischen Maske der Entrüstung oder der Tugendhaftigkeit bedient.
Wir kommen jetzt zur Behandlung des zweiten Moments, d.h. zur Widerlegung derjenigen, welche die akademischen Verhältnisse nach Art der militärischen Disciplin zu regeln versuchen. Die, welche dies wünschen, übersehen dabei den einen Punkt, dass die Offiziere Corpsgeist besitzen, die Professoren nicht, dass die Offiziere eines Bataillons, die besonders an einem kleinem Orte zusammenleben müssen, Taktgefühl besitzen, welches sie hindert, die einzelnen Kameraden zu verlästern und in den Staub zu ziehen, die Professoren nicht. Bei den Offizieren pflegt es keine Clique zu geben, welche für sich den Ruhm der Sittenstrenge und der Unsterblichkeit in Anspruch nimmt, bei ihnen giebt es keine Parteien, die sich befehden und beschimpfen, bei ihnen giebt es nicht Rivalen, die sich zanken, heruntersetzen, und von denen der eine immer das Gegentheil von dem will,
Hans Flach: Der deutsche Professor der Gegenwart. Leipzig 1886, Seite 228. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Flach_Der_deutsche_Professor.djvu/236&oldid=- (Version vom 18.8.2016)