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bedrückt habe. Dann würden sie ihm auch ergebener sein und ihm lieber dienen, wenn er sie gnädig behandle, als wenn er ihnen Furcht einflösse. 214 Roboam aber sagte, er wolle ihnen nach drei Tagen Antwort geben, und erregte schon dadurch Argwohn, dass er nicht sogleich ihren Bitten Gehör gab. Sie glaubten nämlich, dass besonders in der Jugend der Sinn der Menschen zur Güte und Milde geneigt sei. Doch schien ihnen immerhin noch eine Hoffnung darin zu liegen, dass er versprochen habe, die Sache zu überlegen, und nicht gleich eine abschlägige Antwort erteilte.

(2.) 215 Roboam liess hierauf die Freunde seines Vaters kommen und beriet mit ihnen, welche Antwort er dem Volke geben solle. Diese rieten ihm, wie das von wohlwollenden und mit des Volkes Gesinnung vertrauten Männern nicht anders zu erwarten war, er solle das Volk freundlich und mild anreden und sich herablassend benehmen; denn so werde er das Volk für sich gewinnen, weil naturgemäss die Unterthanen nichts so gern sähen, als wenn die Herrscher sich ihnen gütig erwiesen und sich ihnen fast gleichstellten. 216 Diesen nützlichen und, wenn auch nicht für immer, so doch beim Regierungsantritt beherzigenswerten Rat wies Roboam indes zurück; denn Gott fügte es, dass er seinen Vorteil verkannte. Er liess vielmehr die Jünglinge rufen, die mit ihm aufgewachsen waren, setzte ihnen auseinander, was die Greise ihm geraten hatten, und hiess sie nun auch ihre Ansicht äussern. 217 Diese, die bei ihrer Jugend und dem Ratschlusse Gottes nicht anders konnten, rieten ihm, dem Volke zu antworten, sein kleiner Finger sei dicker als seines Vaters Rumpf. Hätten sie von Solomon harte Behandlung erfahren, so würden sie von ihm eine noch viel härtere erdulden müssen. Habe jener sie mit Peitschen gezüchtigt, so werde er sie mit Skorpionen quälen. 218 Dieser Rat gefiel dem Könige, und da er eine solche Antwort der Würde des Herrschers angemessen erachtete, nahm er, als das Volk sich am dritten Tage voll Verlangen, die Entscheidung

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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 505. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt1GermanClementz.pdf/504&oldid=- (Version vom 23.9.2020)