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Drittes Kapitel.
Wie Joseph aus Hass von seinen Brüdern nach Aegypten verkauft wurde.

(1.) 20 Die Brüder freuten sich, als sie den Joseph kommen sahen, jedoch nicht wie über die Ankunft eines nahen Verwandten und Boten ihres Vaters, sondern wie über die eines Feindes, den Gott in ihre Gewalt gegeben. Um nun die günstige Gelegenheit nicht entschlüpfen zu lassen, schickten sie sich sogleich an, ihn umzubringen. 21 Als aber Rubel, der älteste von ihnen, sah, was sie thun wollten, und dass sie eines Sinnes waren, versuchte er ihren Frevelmut zu zügeln, indem er ihnen zeigte, welch gewagtes und schändliches Beginnen sie vorhätten. 22 Denn, wenn es vor Gott und den Menschen schon ein Greuel sei, einen fremden Menschen zu töten, um wie viel frevelhafter sei es dann, die Schuld des Brudermordes auf sich laden zu wollen, zumal das Unglück rückwirkend auch den Vater treffen und die Mutter in trostlose Verlassenheit stürzen würde. Sie sollten sich daher hüten, eine so unnatürliche That zu begehen, und von ihrem verwegenen Unternehmen abstehen. 23 Sie möchten doch bedenken, was sie selbst leiden würden, wenn ihnen ihr bester Sohn entrissen werden sollte. Auch sollten sie Gott fürchten, der ihren Anschlag gegen das Leben des Bruders durchschaue. Wenn sie von der That Abstand nähmen, werde Gott sie um ihrer Reue und Sinnesänderung willen lieben. 24 Beständen sie hingegen auf der Ausführung ihres Vorhabens, so werde er sie gewiss mit den erdenklichsten Strafen belegen, weil sie seine allgegenwärtige Vorsehung beleidigt, vor der nichts verborgen bleibe, möge es nun in der Einsamkeit oder im Gewühl der Städte geschehen. Denn wo immer der Mensch sei, da sei auch Gott gegenwärtig. 25 Auch würde, wenn sie die That wagten, ihr eigenes Gewissen sie verfolgen; diesem aber könne niemand entfliehen, sei es gut oder böse wie das ihrige, wenn sie den

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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 76. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt1GermanClementz.pdf/75&oldid=- (Version vom 4.8.2020)