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(5.) 53 Durch diese und ähnliche Vorstellungen versuchte er die heftige Begierde des Weibes zu zügeln und sie von ihrer verkehrten Leidenschaft zu vernünftigem Nachdenken hinüberzulenken. Sie aber bestand nur um so fester auf ihrem Begehren, und da sie daran verzweifelte, ihn mit Worten sich geneigt machen zu können, legte sie Hand an ihn und versuchte ihn mit Gewalt zu zwingen. 54 Joseph aber floh entrüstet, und indem er das Kleid, an welchem sie ihn gefasst, zurückliess, stürmte er aus ihrem Schlafgemach hinaus. Da sie aber befürchtete, er möchte ihrem Gatten von der Sache Mitteilung machen, hielt sie, schmerzlich ergriffen wegen ihrer schmachvollen Niederlage, es für geraten, den Joseph bei Petephres falsch anzuklagen und so Rache für die ihr widerfahrene Beleidigung zu nehmen. Denn sie hielt es für klug und ihr als Frau wohl anstehend, ihm mit der Beschuldigung zuvorzukommen. 55 Und so sass sie betrübt und verwirrt da und heuchelte Schmerz, als ob ihre Schamhaftigkeit verletzt worden sei, während sie in Wirklichkeit doch nur aufgebracht darüber war, dass ihre Begierde nicht gestillt worden war. Als nun ihr Gatte heimkehrte und sich über ihren Anblick entsetzte, fing sie auf seine Frage nach dem Grunde ihrer Betrübnis an, den Joseph zu beschuldigen und sprach: „Du verdienst zu sterben, o Gemahl, wenn du den nichtswürdigen Knecht, der dein Ehebett entehren wollte, nicht mit gebührender Strafe belegst. 56 Denn uneingedenk des Zustandes, in dem er unser Haus betrat, und uneingedenk der Wohlthaten, die du ihm erzeigtest, hat er, statt Dankbarkeit gegen uns zu beweisen, tückischerweise dein Ehelager zu entweihen versucht, und dazu noch an einem Festtage in schlauer Berechnung deiner Abwesenheit. Die Bescheidenheit, welche er früher zur Schau trug, legte er sich nur aus Furcht vor dir auf, und nicht etwa, weil er wirklich rechtschaffenen Gemütes war. 57 So ist es aber gekommen, weil er wider Verdienst und Erwarten zu Ehren gelangt war; infolgedessen hielt er es für billig, dass er, dessen treuer Verwaltung du

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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 82. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt1GermanClementz.pdf/81&oldid=- (Version vom 4.8.2020)