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wie er wohl wusste, nicht geschehen, ohne dass vorher auch viele von den anwesenden Senatoren und Rittern getötet wurden. Gleichwohl brannte er vor Verlangen, zur That zu schreiten, weil er glaubte, dass ein solches Blutbad gegenüber der allgemeinen Sicherheit und Freiheit nicht ins Gewicht fallen könne. 101 Schon war er nebst seinen Genossen im Begriff, ins Theater zurückzukehren, als ein plötzliches Geräusch ankündigte, dass Gajus sich erhoben habe. Nun eilten die Verschworenen herzu und drängten die Menge zurück, dem Scheine nach, damit Gajus nicht belästigt würde, in der That aber, um sich sicher zu stellen, weil sie ihn erst von allem Schutz entblössen wollten, ehe sie die That wagten. 102 Vor Gajus her schritten sein Oheim Claudius, sein Schwager Marcus Vinicius und Valerius Asiaticus, die ebenfalls von ihm zu trennen ihres Ranges wegen nicht angängig war. Dann folgte Gajus selbst mit Paulus Arruntius, 103 und als er im Palast angelangt war, bog er aus dem Hauptgange, wo die zu seiner Bedienung befohlenen Sklaven standen und durch den Claudius und die anderen vorausgegangen waren, 104 in einen engen Seitengang ein, um die Badegemächer zu erreichen und zugleich um die Knaben zu sehen, die aus Asien gekommen waren, um teils in den von ihm veranstalteten Mysterien Hymnen zu singen, teils im Theater als Waffentänzer aufzutreten.[1] 105 Hier kam ihm Chaerea entgegen und bat um die Losung. Als er dann wieder ein Schimpfwort vernahm, stiess er Schmähungen gegen den Caesar aus, zog sein Schwert und brachte ihm eine tiefe, aber nicht tödliche Wunde bei. 106 Einige behaupten nun, Chaerea habe absichtlich so gehandelt, um Gajus nicht beim ersten Streich zu töten und durch öftere Verwundungen zu quälen. Doch scheint mir dies wenig glaubhaft, weil bei solchen Unternehmungen die Furcht kalte Berechnung nicht aufkommen lässt. 107 Hätte Chaerea wirklich so gedacht, so würde ich ihn für den thörichtsten Menschen halten, der lieber seine Rachgier

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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 590. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt2GermanClementz.pdf/590&oldid=- (Version vom 13.12.2020)
  1. Vergl. Suetonius, Caligula, 58.