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den Zwergen rücklings bei der Ledergurte; – ein kräftiger Stoß – und dieser stürzte dem versinkenden Hammer nach in die schwarze Kluft, und es war deutlich zu vernehmen, wie die Wasser über den fallenden Körper zusammenschlugen!

Schwerathmend stand Klaus an der grausigen Tiefe. Es ward ihm schauerlich zu Muthe und wie Mord lastete es auf seiner Seele. Angstvoll schaute er in die tiefe, dunkle Nacht des Schlundes, als harrete er der rächenden Rückkehr des Kobolds, – und harrete nicht vergebens. Denn das Wasser in der Tiefe fing an zu brausen und zu leuchten, wie das Erz im Schmelzofen, und das Gewände der Kluft brannte, wie glühendes Silber, und an dem steilen Schachte klimmte Silbernickel empor, hohnlachend, den abgebrochenen Hammer in die Höhe haltend. Den Bergknappen rüttelte es wie im Fieberfroste. Als aber der Gnom die Höhe erreicht hatte, warf er ihm den abgeschlagenen Hammer zu, und wo er niederfiel, erbebte das Gestein, und die Wände ließen nach. Da dröhnte es wie ein Bergsturz die Grube entlang, ein gellender Schrei drang aus der Tiefe, darauf ein Getöse wie nachrollendes Gestein.

Bleich und bebend schlugen die Erzknappen auf die Brust. Es war ein großes Unglück in der Grube geschehen; der Gang, darinnen Klaus arbeitete, war verschüttet. –

Von dem Tage an ließ sich Silbernickel in dem Schachte nicht mehr blicken; aber mit ihm blieb auch der Segen aus. Die Gänge zerschlugen sich und wurden taub, und die Grubenleute stießen häufiger als je auf Erzräuber, ein schlimmes Zeichen für den Bergmann. So ging die Marienkrone ein. –

Mehr denn fünfzig Jahre darnach, da Zeit und Wetter gehaust in der zerklüfteten Grube, hatten sich große Felsenmassen abgelöst, und waren in die Tiefe nachgesunken. Waghalsige Bursche, die sich in den Schlund hinabgelassen, stießen auf einen Berghammer, der bis über die Hälfte eingekeilt war in das härteste Gestein. Bald hierauf brachte man einen Leichnam zu Tage, welchen Niemand kennen wollte. In der kalten, lichtleeren Gruft des Schachtes war er unversehrt geblieben, als hätte ihn der Tod erst gestern die Augen geschlossen. Dennoch war er gar schauerlich anzusehen; denn das Haupt saß ihm verdreht auf dem Rumpfe mit dem Gesichte gegen den Rücken. Es war Klaus. –





Jaromir.


Ja er ist’s, der Unglücksel’ge!
Ja er ist’s, denn ihr genannt,
Ist’s, den wir schon lange suchen,
Ist’s, dem alle Lippen fluchen;

5
Der in Landmanns Nachtgebet

Hart an, an dem Teufel steht,
Den der Vater seinen Kindern
Nennt als furchtbares Exempel,
Leise warnend: hütet euch

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Nicht zu werden diesem gleich.

Ja er ist’s, der Unglücksel’ge,
Ja er ist’s, den ihr genannt,
Ist’s, den jene Wälder kennen,
Ist’s, den Mörder Bruder nennen,

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Ist der Räuber Jaromir.



Empfohlene Zitierweise:
Kaspar Braun, Friedrich Schneider (Red.): Fliegende Blätter (Band 1). Braun & Schneider, München 1845, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Fliegende_Bl%C3%A4tter_1.djvu/23&oldid=- (Version vom 1.8.2018)