Die Leinwand her, die Farben aufgetragen!
Denn – was man schwarz auf weiß besitzt,
Kann man getrost nach Hause tragen!
Ich habe manche dunkle Nacht
Auf hoher Kuppe, einsam und allein
Saß ich im stillen Mondenschein
Ganz in der Schöpfung Majestät versunken – –
Nicht Worte hat ein jegliches Gefühl – –
O guter Mond, was gehst du doch so still! –
Ja, Mondenlicht in jeder Phase
Versetzt, man weiß es selbst nicht wie,
So recht in eine schwärmende Ekstase!
Die Kunst nicht gar so weit zurückgelassen,
Gäb’s eine Farbe, gleich den blassen
Gebrochnen, schwärmerischen Strahlen – –
Was wollt’ ich da für Mondlicht malen!
Man schilt den Künstler, der sich müht und quälet,
Und denkt nicht d’ran, daß uns das Mittel fehlet,
Das unsere Zwecke sanktionirt.
Gebt uns nur einen archimed’schen Stand,
So lang jedoch der Stoff den Geist gefangen hält,
Bleibt auch der Genius gefesselt an den Sand!
So sinnend stieg ich vom Gebirge nieder.
Schon schwang die Nacht ihr düsteres Gefieder;
War ich der stillen Kneipe nah,
Darinn’ ich meinen Wohnsitz aufgeschlagen,
Mein Pathmos und mein Tivoli! –
Schnell ward, was ich begehrte, aufgetragen,
Von ewigen Gedanken trunken –
Ganz in mich selbst und – in den Krug versunken!
Kaspar Braun, Friedrich Schneider (Red.): Fliegende Blätter (Band 1). Braun & Schneider, München 1845, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Fliegende_Bl%C3%A4tter_1.djvu/25&oldid=- (Version vom 31.7.2018)