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Hermann Wimmer (Red.): Der Nürnberger Trichter |
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Vor einem Thor um Mitternachte
Begab sich folgende Geschachte.
Komm’, sang der Buhle, komm’ an’s Gitter,
Denn längst schon schnarcht dein alter Bitter.
Bin ich am Gitter hier erschenen
Komm’, Holde, komm’, in meinen Armen
Sollst nun und nimmer du dich harmen.
Da plötzlich kam durch’s Gitter stille
Doch weh – die Hand, die er erfaßte,
Die seinige abscheulich praßte.
Denn, ach! ein Druck, ein starker, langer,
Zerquetschte fast des Liebsten Fanger.
„Ich bin noch wach!“ – Es war der Bitter.
Examinator. Sagen Sie, was ist ein Mysterium oder Geheimniß?
- Was Niemand weiß.
Examinator. Nur im Allgemeinen richtig. Was ist aber ein theologisches Geheimniß?
- Was Niemand wissen soll.
Examinator. Das wäre ein diplomatisches. Also Nächster?
- Was Niemand wissen kann.
Examinator. Sie kommen der Sache schon näher. Nächster, definiren Sie es vollständiger.
- Was über und gegen alle Vernunft ist.
Examinator. Richtig. Was ist denn nun aber das Unterscheidende an einem theologischen Geheimnisse, wodurch es sich vor allen andern, z. B. einem diplomatischen, auszeichnet?
- Daß es desto tiefer ist, je weniger man seinen Nutzen kennt, je weniger es in den vernünftigen Zusammenhang der Dinger paßt, und je mehr es gegen die Grundprinzipien der Logik und des Denkens ist.
Examinator. Kann man also Rechenschaft von und Aufschluß über die Art eines solchen Geheimnisses geben?
- Nach der natürlichen Vernunft nicht, aber nach der übernatürlichen.
Examinator. Wo ist diese zu finden?
- Bei den berufenen Obern der Kirche.
Examinator. Wer hat ihnen diese gegeben?
- Das ist ein Geheimniß.
Examinator. Recte. Ein theologisches?
- Nein, ein diplomatisches.
Examinator. Optime, optime!
Hermann Wimmer (Red.): Der Nürnberger Trichter. Friedrich Campe, Nürnberg 1848, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Fr%C3%A4nkische_Bl%C3%A4tter_nebst_dem_Beiblatt_Der_N%C3%BCrnberger_Trichter.djvu/119&oldid=- (Version vom 31.7.2018)
