Seite:Fränkische Blätter nebst dem Beiblatt Der Nürnberger Trichter.djvu/134

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sich hier etwas üppig, es entsteht ein kleiner Auflauf, es wird Spektakel, Krawall, daß Stöcke und Hände rührig werden. Der Herr Gensdarme kommt dazu und bittet sich das Herrchen aus. Der Maler wird mit der Addresse: „Ruhestörer“ couvertirt und auf mehre Stunden beigesteckt. – Hier hat er Muße, zu zeichnen, das Freilogis ist aber ein Behältniß, wo, wie Geßler in „Wilhelm Tell“ sagt: „weder Mond noch Sonne ihn bescheint.“

Und seine zwei Mitreisenden? – Diese sitzen wieder bei der Weinflasche. – Der Ball beginnt. Diesen soll der Herr Maler aufnehmen, getreu nach der Natur, er soll die Vorsteher ganz genau besehen, ob sie dick oder mager, lang oder kurz sind; er soll sogar die Musikanten auf dem Orchester zählen.

Ja! der gute Wille war da, sogar ein Paar neue Glacéhandschuhe, welche der Herr Verleger noch extra geliefert. – Eben will er mit dem Herrn Schriftsteller den Saal betreten, da öffnet sich eine Thür und – Fortuna! Fortuna! – Göttin des Glückes, du winkst nicht vergebens! – Ha! da stehen Hunderte um den grünen Tisch. – „Bruder, ein Bänkchen! Was meinst Du, man muß dem Glücke die Hand bieten.“

Hinein! Das Pharospiel ist im vollen Gange. Der Maler setzt, der Literat setzt. Eine Karte nach der andern schlägt fehl. Das Geld ist weg, verloren, bis auf den letzten Groschen.

Da kommt der Dritte, den die Polizei wieder in Gnaden entlassen. Hurrah! der hat noch Geld. – Geld? Zwei Thaler sechzehn Groschen Strafe hat er zahlen müssen; ihm sind jedoch noch drei Thaler geblieben, mit diesem Gelde wandern sie in ihren Gasthof zurück und vertrinken aus Aerger noch den letzten Rest.

Früh um zehn Uhr erwacht die Trias aus langem tiefem Schlummer. – „Jetzt müssen wir anfangen,“ krächzt Einer der Künstler, „sonst – kommen wir in Teufels Küche.“ – Er läuft mit seinem Collegen nach der Festhalle. Beide rührt vor Schreck beinah der Schlag. Das Fest ist vorüber, die Halle fast schon niedergerissen, nur die Balken liegen noch da.

„Wo ist der große Ochse hin, der 3000 Pfund wiegt? Der Verleger will schon zur nächsten Nummer den größten deutschen Ochsen haben, und dieser, meine Brüder, hat uns Ade gesagt, hat sich gedrückt, so ganz in der Stille.“

„Immerhin, es war ein pommerscher Ochse, ich liefere einen Phantasie-Ochsen.“

Der Verleger wollte auch ein paar große Schase in sein Blatt haben. Wo sind sie? – Verschwunden. Schadet nichts, gar nichts. Die Maler bringen dem Verleger auch ein paar Schafe mit, Schafe mit großen Hörnern.

„Aber die Comitémitglieder? Wir sollten wo möglich Portrait-Aehnlichkeit in die Sache bringen.“

„Ach, was Aehnlichkeit! Wir machen Jedem einen dicken Bauch und ein Vollmondsgesicht. In solchen fetten Zeiten giebt’s gar keine magern Oekonomen.“

„Aber das Festessen, der Ball.“

„Auch dafür ist gesorgt. Wir nehmen den vorigen Jahrgang der Zeitschrift und zeichnen das Festessen der Philologen ab.“

„Philologen und Schafzüchter?“

„Bleibt sich gleich.“

„Aber der Ball?“

„Der Ball? Wart’, Freund! der macht uns auch keine Beschwerden. Im vorigen Jahrgang ist ein Ball dargestellt, der in Z. zum Besten einer Kleinkinder-Bewahr-Anstalt gegeben wurde, dieser hilft aus der Klemme.“

Die Maler waren in’s Reine. Jetzt kommt aber der Literat an die Reihe. Dieser saß da, wie dereinst die Kinder Israels an den Weidenbächen Babylons; er machte ein Gesicht wie ein Färber, dem das Indigofaß übergelaufen.

Er nahm eine Feder und entwarf die Festrede. Als diese skizzirt, wurden Toaste gedrechselt. – Um die Sache recht wahrscheinlich zu machen, wendete er sich an einen jungen Mann, der von Anfang bis zu Ende dem Feste beigewohnt. Dieser nannte ihm die Namen der Sprecher und bemerkte noch beiläufig, daß Einer Namens so und so einen Toast ausgebracht, worin er das Rindvieh habe leben lassen. – Der Literat schrieb, als diktire ihm der heilige Geist.

Nachdem die Gesandten der mit Illustrationen versehenen Zeitung sich noch weidlich restaurirt, ging es mit Dampf zurück. – Nach Verlauf von vierzehn Tagen erschien die Beschreibung des Festes nebst den Abbildungen. Den Zeichnern wurden ihre Sünden vergeben, aber der Text, die Beschreibung all der Herrlichkeiten, hier hieß es: erlöse uns von dem Uebel!

Na! der Literat kam schön in die Patsche. Der junge Mann, der ihm die Namen der Redner genannt, war Monsieur Schabernack; er hatte ihm Männer aufgezeichnet, die so zu sagen nicht Drei zählen konnten, Männer, Oekonomen, Landwirthe, die zum Redner eben so viel Talent hatten, wie der Elephant zum Eiertanze.

Freilich merkten dies nur diejenigen, die am Feste in der Halle Theil genommen. Auswärtige Leser starrten aber mit Verwunderung Text und Abbildungen an und freuten sich über die Schafe und den großen Ochsen in der illustrirten Zeitung.

Theodor Drobisch.     

Empfohlene Zitierweise:
Eduard Kauffer (Red.): Der Nürnberger Trichter. Friedrich Campe, Nürnberg 1848, Seite 34. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Fr%C3%A4nkische_Bl%C3%A4tter_nebst_dem_Beiblatt_Der_N%C3%BCrnberger_Trichter.djvu/134&oldid=- (Version vom 1.8.2018)