Seite:Fragmente aus dem Tagebuche eines reisenden Neu-Franken (1798).djvu/207

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Fragmente aus dem Tagebuche eines reisenden Neu-Franken: Fragmente aus dem Tagebuche eines reisenden Neu-Franken (1798)

Kantianer sind, ihre liebe Noth mit den Leuten haben, und Kant mit allen seinen Schriften zum Henker wünschen. Und doch ist Kant an allen dem Unheil so unschuldig, wie ich an der Zerstörung von Troja und dem Untergange von Sodom. Man nennt in Wien Alles kantisch, was gegen den Staat und die Kirche geht, und was neufranzösisch ist. Daran sind die Herrn selbst Schuld, die sich Kantianer zu nennen belieben, besonders seit der Zeit, da das Gerücht gieng; Sieyes hätte den Entwurf der neuen französischen Constitution dem großen Manne nach Königsberg zur Beurtheilung geschickt. Weil man nun weiß, daß hier auch von einigen Professoren kantische Philosophie gelehrt wird, freilich eine ganz andere kantische Philosophie, als die meisten jungen Herrn in Wien studieren, die man vielmehr antikantische nennen sollte, so ist es ganz natürlich, daß man bey jedem Göttinger Studenten Neuerungsgeist und gewaltsame revolutionäre Grundsätze sucht, an die Kant gewiß nie gedacht hat. Thomas Payne, der Verfasser der Cantianschen Auffoderungen, Robespierre u. a. heißen in Wien Kantianer, und gewiß würde man die Herrn Alois Hoffmann und Haschka auch so nennen, wenn das österreichische Ministerium andere Grundsätze annimmt, als es gegenwärtig vertheidigt.