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verschoben werden, erhalten bleiben, Verwandlungen erfahren, überhaupt nicht im Traum erscheinen. Die Wichtigkeit der vom Affekt entblößten Vorstellungen kehrt im Traum als sinnliche Stärke der Traumbilder wieder, aber wir bemerken, daß dieser Akzent von bedeutsamen Elementen auf indifferente übergegangen ist, so daß im Traum als Hauptsache in den Vordergrund gerückt scheint, was in den Traumgedanken nur eine Nebenrolle spielte, und umgekehrt das Wesentliche der Traumgedanken im Traum nur eine beiläufige, wenig deutliche Darstellung findet. Kein anderes Stück der Traumarbeit trägt soviel dazu bei, den Traum für den Träumer fremdartig und unbegreiflich zu machen. Die Verschiebung ist das Hauptmittel der Traumentstellung, welche sich die Traumgedanken unter dem Einfluß der Zensur gefallen lassen müssen.

Nach diesen Einwirkungen auf die Traumgedanken ist der Traum fast fertig gemacht. Es tritt noch ein ziemlich inkonstantes Moment hinzu, die sogenannte sekundäre Bearbeitung, nachdem der Traum als Wahrnehmungsobjekt vor dem Bewußtsein aufgetaucht ist. Wir behandeln ihn dann so, wie wir überhaupt gewohnt sind unsere Wahrnehmungsinhalte zu behandeln, suchen Lücken auszufüllen, Zusammenhänge einzufügen, setzen uns dabei oft genug groben Mißverständnissen aus. Aber diese gleichsam rationalisierende Tätigkeit, die im bestem Falle den Traum mit einer glatten Fassade versieht, wie sie zu seinem wirklichen Inhalt nicht passen kann, kann auch unterlassen werden oder sich nur in sehr bescheidenem Maß äußern, wo dann der Traum alle seine Risse

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Sigmund Freud: Neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse. Internationaler Psychoanalytischer Verlag, Wien 1933, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Freud_Neue_Folge_der_Vorlesungen_zur_Einfuehrung_in_die_Psychoanalyse_1933.pdf/29&oldid=- (Version vom 21.5.2018)