Seite:Friedlaender-Aus dem homosexuellen Leben Alt-Berlins.djvu/12

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Ecke Neumannsgasse. Man mußte einen Laden, zu dem von der Straße aus ein Paar Stufen führten, passieren, ehe man in die hinteren Gemächer gelangte. Hier gab sich die „junge Welt“ auch dem Tanzvergnügen hin. Dies Lokal war von einem etwa dreißigjährigen Mann, namens Jäschke gepachtet, der in den Kreisen der Homosexuellen „Die Lachmine“ genannt wurde. Aus diesem Grunde wurde auch das Lokal „Die Lachmine“ genannt. Lange hat das Lokal nicht bestanden. Es lag gar zu exponiert. Es war infolgedessen in der weiteren Öffentlichkeit als homosexueller Sammelpunkt bekannt. Eines Sonnabend-Abends drang eine große Anzahl Kriminalbeamte und uniformierte Schutzleute ins Lokal. Alle Leute, die sich nicht legitimieren konnten, mußten den Beamten zur Wache folgen.

Der Königliche Hofschauspieler Hermann Hendrichs übernahm nach seiner Pensionierung die Direktion des Viktoriatheaters.[WS 1] Dies war ein in der Münzstraße, zwischen der Dragoner- und Grenadierstraße belegener Musentempel, der viele Jahre auch schon lange vor der Hendrichschen Direktion zu den besten und besuchtesten Theatern Berlins gehörte. Es gab dort keinen Tunnel, aber dicht neben dem Theatergebäude war ein besseres Restaurant. In diesem war eine Art homosexueller Stammtisch vorhanden, der, ganz besonders nach Schluß der Theater, so stark besetzt war, daß noch eine ganze Anzahl Tische herangerückt werden mußten.

Hier kam in der Hauptsache die homosexuelle Schauspielerwelt zusammen. Zu den ständigen Gästen dieses Stammtisches gehörte der ehemalige langjährige Sekretär des Viktoriatheaters, Schriftsteller Ruppert Mohortschitsch[WS 2]. Dieser, ein geborener Triester, war ehemals österreichischer Offizier. Er war ein sehr vornehmer Herr, eine stattliche Erscheinung. Er besaß viel Wissen und beherrschte wohl in Wort und Schrift

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Hendrichs wurde erst 1871, 7 Jahre nach seiner Pensionierung und wenige Wochen vor seinem Tode, Direktor des Victoria-Theaters.
  2. Rupert Mahortschitsch (Mahorčič), Übersetzer und Theateragent.