Seite:Friedlaender-Der Knabenmord in Xanten (1892).djvu/119

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Professor Dr. Köster schließt sich diesem Gutachten vollständig an. – Oberstaatsanwalt Hamm: Herr Professor, wenn Jemand einen Menschen mordet, um ihm das Blut zu entziehen, halten Sie alsdann die Halsabschneidung für die geeignete Form des Mordes? – Professor Dr. Köster: Die Halsdurchschneidung halte ich zu dem Zwecke der Blutentziehung für die ungeeignetste Form, da durch das die Halsdurchschneidung bewirkende Spritzen der größte Theil des Blutes verloren geht.

Es erscheint alsdann wiederum Dr. med. van Housen und erklärt: Nach Einsichtnahme in die Obduktions-Protokolle u. s. w. schließe ich mich dem Gutachten der medizinischen Sachverständigen vollständig an. Ich bin nun auch der Ueberzeugung, daß der Fundort der Thatort ist. Ich wiederhole: ich habe die Leiche nicht untersucht, ich wußte nicht, daß unter derselben eine Blutlache gefunden wurde.

Die Verhandlung wird alsdann gegen halb 7 Uhr Abends auf morgen Nachmittags, bis zur Rückkehr des Gerichtshofes u. s. w. aus Xanten, vertagt.


Neunter Verhandlungstag.

Dunkle Regenwolken bedeckten heute den Himmel, ein kühler Wind jagte durch die Straßen, als ich schon in sehr früher Morgenstunde von dem Hausknecht meines Hotels aus dem süßesten Schlummer, so süß, wie er eben nur einem Berichterstatter beschieden ist, der seit so langer Zeit in der angestrengtesten Weise gearbeitet hat, geweckt wurde. Ich verließ schleunigst meine Lagerstätte, denn im Hotel herrschte bereits trotz der frühen Morgenstunde ein sehr reges Leben und Treiben. Die meisten Hotel-Gäste, Geschworene, Vertheidiger, Journalisten etc. rüsteten sich zur Reise nach Xanten. Als ich, noch unangekleidet, einen Blick auf die Straße zum Fenster hinauswarf, da kam ein verschlossener Wagen dahergerollt. In diesem saß der Angeklagte Buschhoff mit 3 Gendarmen. Der Präsident hatte, um so wenig als möglich Aufsehen zu erregen, angeordnet, daß Buschhoff nicht per Eisenbahn, sondern im geschlossenen Wagen nach Xanten eskortirt werden solle. Auf dem Bahnhof in Cleve herrschte ebenfalls ein reges Leben. Der Himmel hatte sich inzwischen aufgeklärt. Gegen 7¾ Uhr Vormittags dampften wir von Cleve ab und waren genöthigt, in dem benachbarten Goch auszusteigen und dort etwa ¾ Stunden auf den Zug zu warten, der uns