wieder entlassen und das Verfahren abermals gegen diese eingestellt. Buschhoff selbst blieb jedoch in Haft, und es wurde gegen ihn die Anklage wegen Mordes erhoben. Da die Beschlußkammer dem erwähnten Antrage des Staatsanwalts beitrat, so erscheint Buschhoff nun unter der Anschuldigung: „am 29. Juni 1891 zu Xanten den Knaben Johann Hegmann vorsätzlich getödtet zu haben, und zwar indem er die Tödtung mit Ueberlegung ausführte,“ vor den Geschworenen. Buschhoff heißt mit Vornamen Adolf, er ist etwa 50 Jahre alt und war einmal im Jahre 1882 wegen Betrugs angeklagt. Von dieser Anklage wurde er damals freigesprochen. Im Uebrigen ist er unbestraft.
Der Schwur-Gerichtssaal ist räumlich so beschränkt, daß es den zahlreichen selbst aus dem Auslande erschienenen Zeitungsberichterstattern große Mühe kosten wird, hinreichenden Platz zu finden. Den Vorsitz des Schwur-Gerichtshofes führt Landgerichtsdirektor Kluth. Als Beisitzer fungiren die Landgerichts-Räthe Grütering und Stickers und Landgerichts-Rath König als Ersatzrichter. Die öffentliche Anklagebehörde vertreten: der Oberstaatsanwalt Hamm (Köln) und der erste Staatsanwalt am Landgericht Baumgard zu Cleve. Die Vertheidigung führen: die Rechtsanwälte Fleischhauer (Cleve), Gammersbach (Köln) und Stapper (Düsseldorf). Als Protokollführer fungirt der erste Sekretär am Clever Landgericht Küpper. Dem Vernehmen nach sind seitens der Staatsanwaltschaft 99, seitens der Vertheidigung 18 Zeugen geladen.
Eine starke Polizeimacht war schon in frühester Morgenstunde vor dem auf einem hohen Berge belegenen Gerichtsgebäude postirt. Der Andrang des Publikums ist ein ganz gewaltiger, so daß es den Berichterstattern nur mit vieler Mühe möglich ist, zu ihren Plätzen zu gelangen. Gegen halb 10 Uhr Vormittags wird der Angeklagte, ein kleiner Mann mit Vollbart, von zwei Gendarmen auf die Anklagebank geführt. Der Angeklagte macht den Eindruck eines gebrochenen Mannes. Sein Haar ist fast vollständig ergraut, seine Gesichtsfarbe dagegen eine sehr gesunde. – Zu bemerken ist noch, daß als Hilfsprotokollführer Referendar Jordans bestellt ist.
Der Präsident, Landgerichtsdirektor Kluth, eröffnet die Sitzung und richtet an die Geschworenen eine längere Ansprache, indem er dieselben auf ihre Pflichten: „nur nach bestem Wissen und Gewissen zu urtheilen“, aufmerksam macht. Es wird alsdann zur Ausloosung der Geschworenen
Hugo Friedländer: Der Knabenmord in Xanten vor dem Schwurgericht zu Cleve vom 4. bis 14. Juli 1892. W. Startz, 1892 Cleve, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Der_Knabenmord_in_Xanten_(1892).djvu/5&oldid=- (Version vom 1.8.2018)