Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 1 | |
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aus der Anstalt entlassen wurden, weil ihre Anwesenheit nicht mehr erforderlich sei: Er wurde deshalb von den Brüdern in die Ecke gestoßen. Die Beköstigung im Kloster Mariaberg sei ganz miserabel gewesen. Eines Abends war er im katholischen Gesellenverein und kam etwas spät nach Hause. Als ihm der Pförtner auf sein Klingeln öffnete und er eintreten wollte, habe ihn der Pförtner mit Gewalt zurückgestoßen und mit den Worten: Schlafen Sie heute draußen die Pforte zugeschlagen. –
Die Wirtschafterin des Pfarrers Rheindorf, Frau Fiesel, bekundete: Bruder Heinrich habe zu ihr einmal gesagt: Wer es hier gut haben will, der muß sich mit den Brüdern gut verhalten. Wer hier hereinkommt, der kommt ohne den Willen der Brüder nicht mehr hinaus. Hier hat weder der Generalvikar noch die „Döktersch“ etwas zu sagen, wir sind klüger als die „Döktersch“. Wer hier drin ist, der wird zahm gemacht. Wer hier herauskommt, der ist zahm.
Um so größer war die Spannung, als darauf der Subrektor Bruder Heinrich als Zeuge aufgerufen wurde. Ein kleines, altes Männchen von ahschreckend häßlichem Aussehen betrat den Gerichtssaal. Er bekundete auf Befragen, daß er mit seinem bürgerlichen Namen Joseph Schoper heiße und früher Schneidergeselle war. Dem Kaplan Forbes sei einmal die Zwangsjacke angelegt worden, weil er betrunken und infolgedessen sehr aufgeregt gewesen sei. Die von der Fiesel bekundete Äußerung habe er nicht getan. Er blieb auch dabei, als ihm die Fiesel und Pfarrer Rheindorf die Aussage mit voller Bestimmtheit vorhielten und der Vorsitzende ihn darauf aufmerksam machte, daß er einen Eid geleistet habe.
Landwirtschaftsgehilfe Joseph Nelleser machte folgende Aussage: Ich war 11 Monate Wärter in Mariaberg. Ich habe in meiner Station niemals einen Anstaltsarzt gesehen. Ich sah einmal, wie ein Bruder einen Kranken zu Boden stieß, mit dem Fuße trat und in die Seite schlug. Ein anderes
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 1. Hermann Barsdorf, Berlin 1910, Seite 109. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_1_(1910).djvu/113&oldid=- (Version vom 31.7.2018)