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Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 1 (1910).djvu/170

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 1

sehr guten Eindruck machte, als Zeuge in den Saal gerufen. Der Vorsitzende bemerkte dem Zeugen: Wenn er befürchte, durch Beantwortung einer Frage sich einer strafrechtlichen Verfolgung auszusetzen, so habe er das Recht, die Beantwortung dieser Frage zu verweigern. Der Vorsitzende hielt dem Zeugen alsdann die Behauptungen der Angeklagten vor. Wiese: Ich kann darauf nur erklären, daß das eine totale Lüge ist. — Vors.: Würden Sie das vor Gott und Ihrem Gewissen beschwören können? — Zeuge: Gewiß. — Vors.: Wie sind Sie denn überhaupt dazu gekommen, diese Frau zu heiraten? — Zeuge: Es war damals ein ganz manierlich aussehendes Mädchen und sehr geschickt in allen Arbeiten. — Auf weiteres Befragen bemerkte der Zeuge: Ich habe in den ersten Jahren mit meiner Frau sehr friedlich gelebt. Nach einigen Jahren hat aber meine Frau 60 Mark, 80 Mark, 150 Mark usw. von meinen Ersparnissen aus der Sparkasse abgehoben. Seit dieser Zelt haben wir in Unfrieden gelebt. Meine Frau hat wider meinen Willen Kinder in Pflege genommen. Ich habe mich darum nicht weiter gekümmert. — Es wurde hierauf dem Zeugen das Dienstmädchen Klotsche, Mutter des verschwundenen kleinen Klotsche, vorgestellt Der Zeuge erklärte: Er kenne die Klotsche nicht, er habe niemals eine Quittung geschrieben und auch niemals für ein Pflegekind Geld erhalten. Die Klotsche und einige andere Mädchen beklagten unter heftigem Weinen den Verlust ihrer Lieblinge. — Nach beendeter Beweisaufnahme führte Staatsanwalt Dr. Hollender im Plaidoyer aus: Man nahm zunächst an, daß es sich bloß um zwei betrügerische Kindesunterschiebungen handle. Allein sehr bald meldeten sich noch zwei Mütter, die ihre Kinder reklamierten. Ob sich sämtliche Mütter, die ihre Kinder der Angeklagten in Kostpflege gegeben, gemeldet haben, oder ob nicht mehrere Dienstmädchen aus falscher Scham die Anzeige vielleicht unterlassen haben, läßt sich selbstverständlich nicht feststellen. Jedenfalls hat die Beweisaufnahme

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 1. Hermann Barsdorf, Berlin 1910, Seite 166. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_1_(1910).djvu/170&oldid=- (Version vom 31.7.2018)