Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 1 | |
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ergeben, vier Kinder, die der Angeklagten gegen verhältnismäßig hohe Geldbeträge in Kostpflege gegeben waren, sind spurlos verschwunden. Die Angaben der Angeklagten über den Verbleib der Kinder haben sich als freche Lüge erwiesen. Der Ehemann der Angeklagten ist ein rechtschaffener, braver und sehr fleißiger Mann. Im Hause der Angeklagten herrschte aber ein unsittliches Treiben. Schnöden Geldgewínnes halber hat die Angeklagte Zeitungsannoncen erlassen, um ihre eigene Tochter der Unzucht in die Arme zu führen. Und da die Tochter sich sträubte, wurde sie von der Mutter in furchtbarster Weise gemißhandelt. Als die Tochter in der Wohnung des Schuhmachers Schröder einen Knaben geboren hatte, da ermordete die Angeklagte das eigene Enkelkind. Die Angaben der Berkefeld über diesen Mord werden von anderen Zeugen im wesentlichen bestätigt. Die Angeklagte sagte zu einer Frau: „Meine Tochter hat einen hübschen Jungen geboren, das Kind ist aber sofort gestorben. Es ist gut so, denn meine Tochter muß nach England wieder zurück, und ich kann ein Kind nicht gebrauchen.“ Da haben Sie den Beweggrund, m. H. Geschworenen. Die Berkefeld ist durchaus kein psychologisches Rätsel. Sie hat der Angeklagten allerdings von England aus zärtliche Briefe geschrieben. Aber nachdem sie gehört hatte, ihre Mutter habe schnöden Geldgewinnes halber vier Kostkinder getötet, da sagte sie: ich kann diese Frau nicht mehr als meine Mutter ansehen. Der Staatsanwalt suchte im weiteren Verlauf den Nachweis zu führen, daß die Angeklagte sich auch der schweren Kuppelei und des versuchten Mordes gegen ihren Ehemann schuldig gemacht habe. In diesen beiden Fällen handelte es sich aber um Personen, die sich immerhin wehren konnten. Die Angeklagte hat aber außerdem vier wehrlose Wesen ermordet. Sie befand sich immer in Geldverlegenheit. Um dieser abzuhelfen, beschloß sie, Kostkinder in Pflege zu nehmen. Sie meldete sich auf Zeitungsannoncen, die von Dienstmädchen
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 1. Hermann Barsdorf, Berlin 1910, Seite 167. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_1_(1910).djvu/171&oldid=- (Version vom 31.7.2018)