macht, hat aber bekundet, daß das Lächeln des Marten nur der Ausdruck des Unglaubens dieser ungeheuerlichen Nachricht war. Wenn Marten zu dem Vizewachtmeister Schulz, als dieser ihm die Nachricht erzählte, gesagt hat: Ist es denn wahr? so hat er damit doch nicht ausgedrückt, daß er es noch nicht wußte, sondern nur, daß er noch immer nicht daran glauben wollte. Ein ähnliches Verhalten hat Marten Bunkus gegenüber beobachtet. Man macht Marten Vorwürfe, daß er, als er von der Ermordung des Rittmeisters gehört hat, nicht sofort in die Reitbahn gelaufen ist. Der Zeuge Bouillon hat nun bekundet, daß er zunächst in der Kantine und dann erst in die Reitbahn gelaufen ist. Auch Stumbries rief zunächst einen Befehl aus und lief erst dann in die Reitbahn. Ich habe die Überzeugung, das Material, das gegen Marten und Hickel hier zusammengetragen worden ist, hätte in noch viel größerem Maße gegen Bunkus und Schiedat zusammengetragen werden können. Ich erinnere Sie, meine Herren Richter, an die verschiedenen Prozesse, in denen der Angeklagte verurteilt wurde, während es sich später herausstellte, daß die Richter sich geirrt hatten und ein anderer der Schuldige war. Ich bin der Meinung, wo so viel Zweifel vorhanden sind, wie hier, wo so viel Spuren nach einer anderen Richtung führen, können Sie unmöglich einen bisher unbestraften anständigen Menschen auf Grund dieses Beweismaterials zum Tode verurteilen. Wenn Sie den Angeklagten freisprechen, dann sprechen Sie noch keineswegs aus, daß verschiedene Zeugen hier Meineide geschworen haben. Es kann alles, was die Zeugen hier gesagt haben, richtig sein, und dennoch kann der Täter ein anderer sein. Solange Sie den geringsten Zweifel in dieser Beziehung haben, dürfen Sie die Angeklagten nicht verurteilen. Ich bitte Sie dringend, meine Herren Richter, sprechen Sie die Angeklagten frei. – Verhandlungsführer: Marten, haben Sie noch etwas anzuführen? Sie haben das letzte Wort. Marten trat vor und sprach mit lauter und fester, aber weinender Stimme: Ich bedauere, daß der Herr Vertreter der Anklage beantragt
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 1. Hermann Barsdorf, Berlin 1910, Seite 204. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_1_(1910).djvu/208&oldid=- (Version vom 31.7.2018)