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Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 1 (1910).djvu/21

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 1

Die große Mehrheit der Zeugen waren polnische Arbeiterinnen, aber auch einige Vertreter des polnischen Hochadels, wie die Agnaten, Mitglied des preußischen Herrenhauses, Graf Miecislaw Kwilecki und dessen Sohn, der Reichstagsabgeordnete und Rittmeister der Reserve, Graf Hektor Kwilecki, ferner polnische Reichstags- und Landtagsabgeordnete, Geistliche und endlich Polizeibeamte, an der Spitze der bekannte Berliner Kriminalkommissar v. Tresckow I. Die Vernehmung der angeklagten Gräfin, die dem höchsten polnischen Adel entstammte und einstmals eine auffallende Schönheit gewesen sein soll, gestaltete sich ungefähr folgendermaßen: Vor. (zur Gräfin): Bekennen Sie sich schuldig? Sie sind angeklagt, in Gemeinschaft mit Ihrem Ehemann ein Kind untergeschoben zu haben. Angeklagte: Will ich ausgeblasen werden und hier Erde sein, wenn ich was weiß von solcher secret – wie sagt man doch Geheimnis? Vors.: Seit wann sind Sie verheiratet? Angekl.: Seit dem 12. Juli 1864. – Vors.: Sie waren am 27. Januar 1897, als Sie einem Kinde das Leben gegeben haben wollen, 51 Jahre alt? Angekl.: Jawohl. – Vors.: Ihre Ehe soll nicht sehr friedlich gewesen sein. Angekl.: Glücklich war sie nicht. Vors.: Sie soll mehr wie nicht glücklich gewesen sein, Sie sollen Ihren Gatten oft mit sehr groben Schimpfworten bedacht haben? Angekl.: Oft war ich böse, oft habe ich geschimpft; es gab aber auch Zeiten, wo wir sehr gut lebten, namentlich in den letzten Jahren. – Vors.: Also früher war Ihr eheliches Verhältnis mehr schlecht als gut? Angekl.: Es war bald so, bald so. – Auf weiteres Befragen bemerkte die Angekl.: Sie habe fünf Kinder geboren. Der Älteste, ein Knabe, sei 1865 geboren und bald verstorben. Ihre älteste Tochter sei 1866, die zweite 1873 und die dritte 1879 geboren. Vors.: Sie sollen häufig von Ihrem Mann getrennt gelebt und sich gar nicht um ihn gekümmert haben? Angekl.: Ich bin häufig monatelang bei meinen Eltern gewesen, da war die Trennung doch natürlich. – Vors.: Sie sollten schon vor Jahren den Offenbarungseid

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 1. Hermann Barsdorf, Berlin 1910, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_1_(1910).djvu/21&oldid=- (Version vom 31.7.2018)