Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 1 | |
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leisten, zogen es aber vor, ins Ausland zu gehen? Angekl.: Es waren Schulden meines Mannes, die mich nichts angingen. Ich habe alles was wir nötig hatten, selbst gekauft und auch bezahlt. – Vors.: Der Gerichtsvollzieher soll bei Ihnen aus- und eingegangen sein. Er soll so häufig zu Ihnen gekommen sein, daß er „Onkel“ genannt wurde? Angekl.: Das ist wahr. – Vors.: Ihre Schuldenlast soll 450000 Mark betragen haben, Sie sollen sehr verschwenderisch gelebt haben? Angekl.: O nein. Ich habe sehr viel Geld ausgeben müssen, aber nicht für meine Person. Ich habe das Schloß aufbauen lassen und alles gekauft, was sich in Wroblewo befindet. Es waren 20 Zimmer, aber keine Möbel oder sonst was, das hat natürlich eine erhebliche Summe verschlungen. Mein Vater hat mir häufig Geld gegeben, um die Schulden meines Mannes zu bezahlen. – Vors.: Sie sollen geäußert haben: „Ich muß mit meinem Körper eine Veränderung vornehmen, damit die Leute glauben, ich sei in gesegneten Umständen, dann werden wir wieder Kredit erhalten“? Angekl.: Herr Vorsitzender, das ist leeres Gerede. – Vors.: Als Sie im Sommer 1896 von Montreux nach Wroblewo zurückkehrten, sollen Sie angegeben haben: Sie seien in anderen Umständen? Angekl.: Das ist richtig. – Vors.: Es wird nun von der Anklage angenommen, daß dies Heuchelei war, es sei Ihnen nur darauf angekommen, einen männlichen Erben vorweisen zu können, der einst Anspruch auf das Majorat hätte und daß Sie deshalb ein fremdes Kind untergeschoben haben? Angekl.: O bitte, mein Mann ist so gesund, wie ein Mann nur sein kann. – Vors.: Sie hatten Ihren Verwandten angezeigt, daß Sie nochmals Mutter werden würden und Ihre Entbindung im Auslande vornehmen lassen wollten? Angekl.: Jawohl. – Vors.: Sie wissen, daß Ihre angebliche Schwangeschaft bei den Agnaten ein solches Mißtrauen erregte, daß diese brieflich an Sie die Aufforderung richteten, im Reichsgebiet zu entbinden. Sie wissen auch, daß wiederholt gesagt wurde, Sie müßten in
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 1. Hermann Barsdorf, Berlin 1910, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_1_(1910).djvu/22&oldid=- (Version vom 31.7.2018)