und alsdann wieder zum Glauben zurückgekehrt war. Das konnte Frau Rothe unmöglich wissen. Der Geist, der aus ihr sprach, gab aber seiner Freude darüber Ausdruck. Alsdann sagte der Geist: du hast vor einiger Zeit für deinen Vater gebetet, das hat ihm wohlgetan. Er hatte tatsächlich für seinen Vater gebetet. Hierauf habe sich ein Geist durch Klopfen angemeldet; die Klopftöne kamen mitten aus dem Tisch. Die Rothe sagte: Sie sehe einen Geist hinter mir stehen, so fuhr Präsident Sulzer fort. Durch Befragen wurde festgestellt, daß es der Geist meiner verstorbenen Frau war. Frau Rothe sagte: der Geist halte die rechte Hand auf seiner linken Schulter. Der Zeuge schildert alsdann die Apporten, die sehr zahlreich waren. Jeder Anwesende habe Blumen bekommen. Das Zimmer war ganz hell erleuchtet. Man konnte deutlich sehen, daß die Rothe die Blumen aus der Luft holte. Außer den Blumen kamen auch noch Bijouteriewaren. Etwa zwei Jahre später kamen die Rothe und Jentsch nach Zürich. Sie hielten auf meine Einladung mehrere Sitzungen in meiner Wohnung ab, denen auch Prof. A. Sellin beiwohnte. Frau Rothe sagte zwei anwesenden Damen, die sie absolut nicht kannte, daß sie ihre Kinder verloren hätten. Ja sie kannte sogar die Namen der Kinder. Mein Sohn hatte eine vollständig frische Seerose, die bekanntlich sehr schnell verwelken, erhalten, die Frau Rothe aus der Luft gegriffen hatte. Eine Dame erhielt ein vollkommen taufrisches Blatt von Farrnkraut. Auch mehrere ganz frische Rosen wurden apportiert und zwar Exemplare einer besonderen Art, deren Stil ganz und gar mit kleinen Dornen besetzt ist. Ich habe diese Rosen ganz genau betrachtet und festgestellt, daß auch nicht ein einziger Dorn verletzt war. Wenn die Rothe diese Blumen in ihren Kleidern verborgen gehabt hätte, dann wäre das unmöglich gewesen. Als ich später hörte, Frau Rothe habe die Blumen vorher in einem Blumenladen gekauft, da sagte ich mir: ich stehe vor einem Rätsel. Ich kann nur annehmen, daß Frau Rothe die Blumen in einem Doppelbewußtsein gekauft,
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 1. Hermann Barsdorf, Berlin 1910, Seite 222. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_1_(1910).djvu/226&oldid=- (Version vom 31.7.2018)