Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 1 (1910).djvu/231

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Sitzung wurden mir Mitteilungen über diesen Herrn gemacht. – Frau Steinmann: Sie habe eine hellsehende Nichte und ein mediales Dienstmädchen. Die Nichte habe, nachdem sie ein halbes Jahr hellsehend gewesen, Trancereden gehalten. Nachdem das Mädchen zu ihrer verstorbenen Mutter gebetet hatte, sie davon zu befreien, hörte das Hellsehen auf. Man hörte nun sehr häufig Klopftöne, und es schnurrte sehr laut, so wie eine Katze schnurrt. Das Mädchen sagte, es sei ein Geist, sie solle 20 Vaterunser beten, dann werde das Schnurren aufhören. Wenn das Mädchen in der Nähe war, dann hörte man auch häufig ein Krachen an der Bettstelle. Sie habe das Vaterunser gebetet, dann hörte das Schnurren auf. Das Mädchen habe ihrem Bruder vorausgesagt, daß ihm die linke Hand abgenommen werden würde; einer Verwandten habe sie eine wirklich eingetretene Krankheit vorausgesagt. – Vert. R.-A. Dr. Thiele: Wie alt ist jetzt Ihre Adoptivtochter? Zeugin: 21 Jahre. – Vert.: Dann möchte ich beantragen, das Mädchen zu laden. – Staatsanwalt: Was will der Verteidiger mit der Zeugin beweisen? Vert.: Ich will beweisen, daß es wirklich Leute gibt, die hellsehend sind. Wenn dies hier zeugeneidlich bekundet wird, dann liegt die Möglichkeit vor, daß auch Frau Rothe die Gabe der Hellseherei besitzt. – Ein Zeuge Welsche bekundet auf Befragen: Er sei hellsehend, er habe bei den Sitzungen der Rothe den Geist Zwinglis und auch den Geist des Friedchen gesehen. – Magnetiseur Geist: Jentsch sei bei der Auswahl der Teilnehmer an den Sitzungen sehr vorsichtig gewesen. Er wollte sogar einen Rechtsanwalt nicht zulassen. Jentsch und die Rothe haben sich einmal gerühmt, daß dem Hofprediger Stöcker ganze Pakete Blumen aus der Tasche gezogen worden seien. Die Rothe müsse ein sehr scharfsinniges psychologisches Gefühl besitzen, denn sie wußte Personen, die wirklich mißtrauisch waren, zu entfernen. Es sei ihm (Zeugen) ferner aufgefallen, daß die Angeklagte während der Sitzungen stets möglichst korpulente Leute neben sich hatte.