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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 1

geschworen. Sie müsse das bekennen, da sie ihr Gewissen bedrücke. – Die angeklagten Dienerinnen beteuern, sich der Beihilfe zur Kindesunterschiebung nicht schuldig gemacht zu haben. – Eine große Anzahl Zeugen bestärkten den Verdacht der Kindesunterschiebung, einige Damen vom polnischen Hochadel beschworen jedoch, daß sie der Entbindung in der Kaiserin-Augustastraße beigewohnt haben bzw. bald nach geschehener Entbindung am Wöchnerinnenbett erschienen seien. Es habe eine richtige Entbindung stattgefunden. Sehr lange Zeit nahm die Vernehmung der Hedwig Andruszewska in Anspruch. Diese versicherte: ihre Mutter habe ihr auf dem Sterbebett erzählt: die Entbindung der Gräfin sei eine Komödie gewesen. Die Mutter sei im Auftrage des gräflichen Ehepaares im Januar 1897 nach Krakau gefahren, um einen neugeborenen Knaben mit schwarzen Augen und dunklem Haar zu besorgen. Dies habe sie auch nach anfänglicher Weigerung getan. Sie habe einen solchen Knaben durch Vermittelung einer Krakauer Hebamme einem armen Dienstmädchen in einer Vorstadt Krakaus für 100 Gulden abgekauft, obwohl der Knabe schon einige Wochen alt war. Der Knabe sei nach Berlin gebracht worden. Dieser Knabe werde jetzt als von der Gräfin geboren ausgegeben. Von einer Anzahl Zeugen wurde Hedwig Andruszewska als wenig glaubwürdig und auch als rachsüchtig bezeichnet. Sie soll auch geäußert haben, sie werde sich an der Gräfin wegen schlechter Behandlung rächen. Mehrere Zeugen bekundeten: Die alte Andruszewska sei im ganzen Monat Januar und auch ganz bestimmt am 26. und 27. Januar in Wroblewo gewesen. Die Warschauer Hebamme, die die Gräfin entbunden, weilte nicht mehr unter den Lebenden. Ihr Sohn, der nebst seiner Frau aus Warschau als Zeuge erschienen war, vermochte nichts von Belang zu bekunden. – Von Bedeutung war die Zeugenaussage des Grafen Hektor Kwilecki, aus dessen Vernehmung folgendes mitzuteilen ist. – Vors.: Welches persönliche oder pekuniäre Interesse haben Sie selbst an dem Ausgang

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 1. Hermann Barsdorf, Berlin 1910, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_1_(1910).djvu/24&oldid=- (Version vom 31.7.2018)