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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 1

er von seinem Sohne, „dem Doktor“, daß die Juden zu rituellen Zwecken Christenblut nötig haben und andererseits kenne er als ehemaliger Metzgermeister den Schächtschnitt ganz genau. Er habe sich das ermordete Kind angesehen, danach sei er überzeugt, daß ein Ritualmord vorliege.

Der Verdacht der Täterschaft lenkte sich sofort auf den ehemaligen Schächter der Xantener jüdischen Gemeinde: Adolf Wolff Buschhoff. Dieser hatte dicht neben der Küppersschen Scheune eine Fleischhandlung. Der Ermordete, ein hübscher, munterer Knabe wurde bereits gegen 10½ Uhr vormittags vermißt. Er soll kurze Zeit vorher vor dem Buschhoffschen Laden mit anderen Kindern gespielt haben. Ein dem Trunke ergebener Mann von 68 Jahren Namens Mölders und der zehnjährige Knabe Gerhard Heister wollten gesehen haben, daß der kleine Hegmann in den Buschhoffschen Laden gezogen worden sei. Andere Leute wollten gesehen haben, daß Frau Buschhoff und ihre Tochter Hermine den Knaben ins Haus gerufen haben. Man wollte auch gesehen haben, daß am Nachmittag des 29. Juni Hermine Buschhoff einen schweren Gegenstand, den sie in ein Tuch eingehüllt hatte, in die Küpperssche Scheune getragen habe. Ein Jude, Namens Isaak, habe in einem benachbarten Garten gestanden und der Hermine durch einen Wink das Zeichen gegeben, daß sie nicht beobachtet werde. Dr. med. Steiner, der die Leiche des Ermordeten kurze Zeit nach der Auffindung untersucht, behauptete: es sei nicht so viel Blut vorhanden gewesen, als man nach Art des Schnittes hätte finden müssen. Er sei der Ansicht, in der Scheune habe nur eine Nachblutung stattgefunden, der Mord sei nicht in der Scheune geschehen. Es wurde auch behauptet: der kleine Hegmann habe dem Buschhoff einen Grabstein beschädigt. (Buschhoff beschäftigte sich auch mit der Herstellung von Grabsteinen.) Buschhoff habe deshalb den Knaben heftig geschlagen, so daß er in Starrkrampf verfallen sei. Daraufhin habe er den Knaben geschlachtet, das Blut in einem Gefäß aufgefangen

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 1. Hermann Barsdorf, Berlin 1910, Seite 68. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_1_(1910).djvu/72&oldid=- (Version vom 31.7.2018)