Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2 | |
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als außerordentlicher Professor für römisches Recht an die George Washington-Universität in Washington berufen. Im Auftrage der amerikanischen Standard Oil Compagnie und einer amerikanischen Elektrizitätsgesellschaft war er wiederholt in Konstantinopel. Er soll aber dort wiederum keine Erfolge gehabt haben. Seine Schwiegermutter hatte seiner Frau einen Scheck von 65000 M. überwiesen. Diesen hatte er sich kurz vor seiner Abreise nach Konstantinopel, wo er sich einige Monate aufhielt, auszahlen lassen. Dies Geld soll er fast vollständig in Konstantinopel verbraucht haben.
Professor Dr. Hau war in Washington eine allgemein beliebte Persönlichkeit. Er wurde Mitglied der ersten Klubs in Washington und New York. Im Kosmosklub lernte er den Präsidenten Roosevelt, sowie ferner Morgan, Rockefeller, Harriman und andre kennen. Hau soll in Konstantinopel ein derartig ausschweifendes Leben geführt haben, daß die Türken daran Anstoß nahmen und die besseren Kreise der türkischen Hauptstadt sich von ihm zurückzogen.
Am 17. Oktober 1906, vormittags gegen 91/2 Uhr, trat in das Fremdenbureau einer großen Wiener Bank ein hochgewachsener, elegant gekleideter Mann. Er sprach englisch und französisch und nannte sich Dr. Karl Hau. Er wies einen auf 400 Lstr. lautenden Scheck der Londoner Bank Brown, Schiply u. Co. vor und wünschte, ihn ausgezahlt zu erhalten. Da an der Echtheit der Unterschrift nicht zu zweifeln war, wurden dem Mann 9592 Kronen anstandslos gezahlt. Zwei Tage später erhielt die Bank ein Telegramm des Londoner Bankhauses Brown, Schiply u. Co., in dem angezeigt wurde, daß der Scheck dem wirklichen Dr. Karl Hau auf der Reise von Konstantinopel nach Wien im Orient-Expreßzug gestohlen worden sei. Die Depesche kam selbstverständlich zu spät, der Scheck war bereits gezahlt. Die Wiener Bank erstattete dem Sicherheitsbureau der Wiener Polizeidirektion unverzüglich Anzeige. Das Sicherheitsbureau stellte fest, daß am Morgen des 17. Oktober, gegen 8 Uhr vormittags, mit dem aus
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/11&oldid=- (Version vom 1.8.2018)