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Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 2 (1911).djvu/12

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

Konstantinopel eingetroffenen Orient-Expreßzug ein Reisender angekommen sei, auf den die Personalbeschreibung des Präsentanten des Schecks genau paßte. Der Mann war nur etwa zwei Stunden aus dem Bahnhof gegangen und hatte alsdann die Reise nach Deutschland fortgesetzt. Er hatte in Frankfurt a. M. den Zug verlassen. Dem Personal des Orient-Expreßzuges war von einem Diebstahl keine Anzeige gemacht worden.

Professor Dr. Hau, dies war der geheimnisvolle Scheckeinlöser in Wien, war direkt nach Baden-Baden gereist. Dort weilte in der Villa ihrer Mutter Frau Dr. Hau mit ihrem kleinen Töchterchen. Professor Dr. Hau fuhr sogleich mit Frau, Kind und seiner Schwägerin Olga nach Paris und nahm dort im Hotel Regina Wohnung. Bald darauf erhielt die alte Medizinalrätin aus Paris ein Telegramm folgenden Inhalts: „Komme mit nächstem Zuge Paris, Olga sehr krank, Lina.“ Frau Molitor reiste sofort ab. Als sie in der französischen Hauptstadt anlangte, war niemand zu ihrem Empfange auf dem Bahnhof. In großer Angst fuhr sie nach dem Hotel Regina. Zu ihrer großen Freude war Olga Molitor vollständig gesund. Die Kinder wunderten sich aber über das plötzliche Erscheinen der Mutter, denn sie hatten kein Telegramm gesandt, letzteres war gefälscht. Die alte Geheimrätin befürchtete: das Telegramm sei von jemandem gesandt worden, der die Absicht habe, in ihrer Villa in Baden-Baden einen Einbruchsdiebstahl zu begehen. Sie kehrte deshalb sehr bald mit ihrer Tochter Olga nach Baden-Baden zurück und erstattete dort wegen des gefälschten Telegramms Anzeige. Professor Dr. Hau fuhr mit Frau und Kind nach London. Er wollte nach kurzem Aufenthalt in der Hauptstadt Großbritanniens nach Washington reisen. Da erhielt er plötzlich von dem Direktor der Standard Oil Compagnie ein Telegramm folgenden Inhalts: „Kommen Sie sofort nach Berlin. Strengste Verschwiegenheit. Eile dringend notwendig.“ Hau reiste sogleich ab, Frau und Kind in London zurücklassend.

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/12&oldid=- (Version vom 31.7.2018)