Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 2 (1911).djvu/269

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

als Zeuge: Er sei sehr erstaunt gewesen, zu hören, daß Frida Woyda zu ihrer früheren Aussage gedrillt sein soll. In seiner fünfzehnjährigen Tätigkeit als Staatsanwalt habe er zu unterscheiden gelernt zwischen eingepaukten Aussagen und solchen, die auf wahren Erlebnissen beruhen. Die Möglichkeit, daß Stierstädter die Frida Woyda bearbeitet haben könnte, halte er für vollständig ausgeschlossen. Er erkläre unter seinem Eide, daß er kaum jemals einen Beamten von solcher Pflichttreue, Findigkeit und Energie kennen gelernt habe, wie Herrn Stierstädter, dem es neben Herrn v. Tresckow in erster Reihe zu danken sei, daß die Übeltaten, um die es sich hier handle, aufgedeckt worden seien. Er (Zeuge) habe wiederholt Veranlassung genommen, dem Herrn Reg.-Rat Dieterici zu erklären, daß er geradezu erstaunt sei über die Pflichttreue dieses Beamten. In den sieben Monaten, in denen er mit Herrn Stierstädter zu tun gehabt, habe er sich den Mann sehr scharf angesehen und sich oft die Frage vorgelegt, ob bei ihm vielleicht eine Voreingenommenheit vorwalte. Er habe sich in seiner staatsanwaltlichen Tätigkeit immer das nobile officium der Staatsanwaltschaft vor Augen gehalten, auch alle für einen Angeklagten sprechenden Entlastungsmomente zu sammeln und er würde es unbedingt für seine Pflicht gehalten haben, wenn ihm eine Voreingenommenheit oder Animosität bei Stierstädter bemerkbar gewesen wäre, diese nicht zu dulden und ihn ablösen zu lassen. Er habe sich sehr gewundert, daß ein solcher Beamter mit so anerkennungswerter Dienstfreude plötzlich kalt gestellt werden sollte. Er, Zeuge, habe schon längere Zeit Aussicht gehabt, bei der Staatsanwaltschaft nicht länger zu bleiben und angesichts der Machinationen, die von seiten der Agenten und Freunde des Angeklagten – letzteren selbst könne er ja in dieser Beziehung nicht verdächtigen – habe er sich auf die Polizei stützen müssen und deshalb auch dem Stierstädter die Anweisung gegeben, die Frida zu beobachten. Er habe nun gelesen, daß Herrn Stierstädter von anderer Seite der Auftrag gegeben worden sei, diese Anweisung

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 261. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/269&oldid=- (Version vom 1.8.2018)