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Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 2 (1911).djvu/79

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2

erklärte, daß bei jeder Mordsache bekanntlich anonyme Briefe wie Pilze aus der Erde schießen. Bei der letzten Mordsache, die er zu bearbeiten hatte, seien 18 Briefe bei ihm eingetroffen, in denen sich 18 Mörder gemeldet hätten. Obgleich er nun auf einen Brief, der mit Louis Schulz unterzeichnet sei, nichts gebe, habe er doch noch weitere Nachforschungen veranlaßt, da gleichzeitig mit der Selbstanzeige des Louis Schulz in Rio de Janeiro ein Brief eingegangen war, auf dem der Schornsteinfegermeister Heinrich in Sonderburg als Absender bezeichnet war. Er habe deshalb den Kriminal-Kommissar v. Kracht mit Ermittelungen beauftragt. Es sei festgestellt worden, daß dieser Schulz im Jahre 1895 nach Brasilien ausgewandert sei und während der in Frage kommenden Zeit sich in Bahia aufgehalten habe. Damit erledigte sich die Selbstbezichtigung. Staatsanwalt Plaschke bemerkte dazu: Auch in dem vorliegenden Verfahren haben sich 18 Mörder gemeldet. Es ist eine bekannte Tatsache, daß sich bei fast jedem Morde angebliche Täter melden, ohne daß man zu ermitteln vermag, was sie dazu treibt. Im vorliegenden Falle scheint der Schulz sich freie Überfahrt haben verschaffen wollen. Von einer Täterschaft kann nicht die Rede sein. – Angekl. Gönczi: I bitt schön, wie kann i der Täter sein, wann sich der Mann da meldet. Der muß doch herübergeholt werden. – Vors.: Na das erledigt sich ja schon dadurch, daß der Mann zu der Zeit, als die Tat begangen wurde, sich in Brasilien befand.

Eine Reihe weiterer Zeugen bekundete, daß der Angeklagte einige Tage vor dem Morde erzählt habe, er habe in der Lotterie gewonnen, er besitze eine reiche Tante, die in Hannover wohne und im Sterben liege usw., alles Dinge, die erklären sollten, woher er plötzlich viel Geld habe. Andererseits hat er durch diese Erzählungen auch verschiedene Leute veranlaßt, ihm Kredit zu geben. – Schlosser Hast: In der Wirtschaft des Gastwirts Schinke habe er wiederholt einen Mann namens Lewy gesehen. Dieser war 30 Jahre alt, von

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 2. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_2_(1911).djvu/79&oldid=- (Version vom 31.7.2018)