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Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 4 (1911).djvu/45

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4

Sie habe gesehen, wie am 9. Juni mittags die kleine Lucie an der Hand eines etwa 13jährigen Mädchens nach der Verbindungsbahn gegangen sei. Ist es richtig, daß Sie diese Phantasterei der Polizei mitgeteilt haben? – Zeugin: Ich wurde von einem Kriminalbeamten gefragt, und da habe ich meine Vermutung geäußert. – Vert.: Wie kamen Sie zu dieser Erzählung, ganz besonders, wie kamen Sie dazu, auf bloße Vermutungen hin, Lenz des Mordes zu beschuldigen? – Zeugin: Ich wurde gefragt, wen ich als Mörder vermute, da habe ich meiner Vermutung Ausdruck gegeben. – Vors.: Die Hauptsache ist, daß das, was Sie heute unter Ihrem Eide ausgesagt haben, wahr ist? – Zeugin: Das ist wahr. – Vert.: In dem Hause Ackerstraße 130 wohnen doch sehr viele Menschen. Wie kommt es, daß Ihnen gerade Berger, als er am Vormittag des 9. Juni nach Hause kam, auffiel? – Zeugin: Weil ich gerade am Fenster saß. – Vert.: Das ist doch kein Grund, es kommen doch unaufhörlich zahlreiche Menschen ins Haus? – Zeugin: Mir fiel Berger auf. – Vert.: Ist Ihnen bekannt, daß die Familie Berlin furchtbar auf Berger schimpfte und alle Hausbewohner, die als Zeugen in diesem Prozeß in Frage kommen könnten, auf Berger hetzte, mit der Behauptung: Berger sei zweifellos der Mörder? – Zeugin: Geschimpft haben allerdings die Berlins heftig auf Berger, das ist doch sehr natürlich. – Vert.: Die Frage der Täterschaft ist jedenfalls noch nicht entschieden, so sehr natürlich ist also das Schimpfen auf Berger nicht. Ist Ihnen aber bekannt, daß die Familie Berlin eine Belohnung von 100 Mark ausgesetzt hat, wenn Berger verurteilt wird? – Zeugin: Ich habe wohl etwas von einer Belohnung gehört, ich habe mich aber dadurch nicht beeinflussen lassen. – Vert.: Jedenfalls geben Sie wohl aber zu, daß Sie nach dem Morde vielfach mit Frau Berlin über den Mord gesprochen haben? – Zeugin: Jawohl. – Frau Walter, die Schwester des Angeklagten, bekundete: Sie sei am 9. Juni vormittags gegen 11 Uhr bei ihrem Bruder in der Liebetruthschen

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_4_(1911).djvu/45&oldid=- (Version vom 31.7.2018)