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Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 4 (1911).djvu/69

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4

kommt hinzu, daß die Verhandlung Sie in eine fremde Welt führte. Die Verhandlung hat Ihnen ein grauenhaftes Bild von dem Leben und Treiben der Berliner Dirnen- und Zuhälterwelt vor Augen geführt. Es konnte Ihnen auch nur ein Indizienbeweis geführt werden. Aber trotz alledem und trotz aller Schwierigkeiten hat die Verhandlung keinen Zweifel gelassen, wer das Verbrechen begangen hat. – Ich habe die volle Überzeugung, kein anderer als Berger ist der Mörder. Ich habe das Vertrauen zu Ihnen, m. H. Geschworenen, Sie werden den Angeklagten des Sittlichkeitsverbrechens und des Mordes schuldig sprechen. Der Staatsanwalt ging hierauf näher auf die einzelnen Vorgänge ein, er schilderte das Verschwinden des Kindes am 9. Juni und die Auffindung der einzelnen Leichenteile. Die kleine Lucie Berlin, so etwa fuhr der Staatsanwalt fort, wurde sehr sorgfältig erzogen und behütet. Es wurde ihr von den Eltern und auch in der Schule eingeschärft: gegen jedermann zuvorkommend zu sein, aber gegen fremde Männer Mißtrauen zu beobachten. „Mit fremden Männern gehe ich nicht mit, sagte das Mädchen, diese schneiden mir Kopf, Arme und Beine ab und werfen mich ins Wasser.“ Das Kind sagte das, weil ein solcher Mord gerade an den öffentlichen Anschlagsäulen angezeigt war und kaum acht Tage darauf las man an denselben Anschlagsäulen die Ermordung der kleinen Lucie in genau derselben Weise. – Es entsteht nun für Sie die Frage: Wer ist der Mörder? Sie haben außer acht zu lassen, daß im Humboldthain ein Mann mit einem kleinen Mädchen in verdächtiger Weise gesehen worden ist, ebenso, daß im Schulhofe in der Ackerstraße ein junger Mann in verdächtiger Weise gesehen worden ist, wie auch, daß Lenz verdächtig war. Sie haben nur zu prüfen: Ist der Angeklagte Berger der Täter? Lenz war nur deshalb verdächtig, weil er Zuhälter war und im Hause Ackerstraße 130 wohnte. Er war auch seit Monaten verschwunden, so daß die Gefahr vorlag, die Verhandlung werde vertagt werden müssen. Allein nachdem

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 4. Hermann Barsdorf, Berlin 1911, Seite 65. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_4_(1911).djvu/69&oldid=- (Version vom 31.7.2018)