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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5

beobachten, da Sie sonst große Ärgernisse haben könnten. Sie haben alsdann noch mehrfach den allerdings vergeblichen Versuch gemacht, die Hypothekenbriefe zu veräußern. Sie haben außerdem eine Anzahl Ihrer Frau gehörender Schmucksachen veräußert. – Angekl.: Diese hatte mir sämtlich meine Frau geschenkt. – Vors.: Sie hätten sich zweifellos in den Besitz des ganzen Vermögens Ihrer Frau gesetzt, es gelang Ihnen bloß nicht, rechtzeitig fortzukommen. – Angekl.: Das wollte ich auch nicht tun. – Vors.: Es ist höchst charakteristisch, daß Sie am 27. November 1903, also als Ihre Frau höchstwahrscheinlich noch als Leiche im Hotel lag, an eine Dame eine lustige Karte schrieben. (Große Bewegung im Zuhörerraum.) Die Karte lautete: „Geehrte Frau! Der beste Wein, den es hier gibt, ist der ,Medilio‘, ich leere soeben ein Glas auf Ihr Wohl.“ – Angekl.: Das hat doch keine weitere Bedeutung. – Vors. (mit erhobener Stimme): Angeklagter, diese Karte haben Sie am 27. November 1903, wenige Stunden nach dem Ableben Ihrer Frau, als sie höchstwahrscheinlich noch im Hotel als Leiche lag, geschrieben; das ist doch sehr bezeichnend. – Der Angeklagte schwieg. – Auf Antrag des Verteidigers wurden einige vor dem Tode der Frau geschriebene Karten verlesen. Auf diesen gab der Angeklagte seinem Bedauern über die Krankheit seiner Frau Ausdruck. – Auf einer am 27. November 1903 vom Angeklagten geschriebenen Karte hieß es: Ich werde jetzt meine Frau zur Erholung nach Como schicken. Auf einer am 2. Dezember geschriebenen Karte teilte der Angeklagte einer Bekannten mit: er werde mit seiner Frau eine Reise nach Süditalien unternehmen. – Im weiteren Verlauf äußerte der Vorsitzende: Herr Doktor! Ihre Sucht, eine Geldheirat zu machen, geht auch daraus hervor, daß, während Sie im Jahre 1901 in Halle wohnten und bereits mit Ihrer verstorbenen Frau ein Liebesverhältnis unterhielten, Sie noch mehrere andere Bräute suchten. So haben Sie sich z. B. gleichzeitig um die Hand einer Dame namens Julie

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_5_(1912).djvu/14&oldid=- (Version vom 31.7.2018)