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Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 5 (1912).djvu/171

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5

das Spiel der „Lustigen Sieben“ stattfand. Er will wiederholt den Minister Ruhstrat haben spielen sehen. Er will sogar das Plakat für die „Lustige Sieben“ in die Nische gebracht und die Gäste stets bedient haben. Diesen Aussagen stehen aber die Bekundungen der drei glaubwürdigen Zeugen Ruhstrat, Schmidt und Schleppegrell entgegen. Alle drei sind Männer im reifen Lebensalter. Der Angeklagte hat also die Unwahrheit gesagt. Nun handelt es sich darum: hat er das wissentlich getan? Ich halte eine Sinnestäuschung für ausgeschlossen, denn eine Verwechselung konnte nicht vorkommen. Es ist charakteristisch, daß er viele Einzelheiten, die er in bezug auf Ruhstrat behauptet hatte, später hat fallen lassen. Aus falscher Scham, aus Eitelkeit hat Meyer in Oldenburg dasselbe gesagt wie in Bremen. Später hat er seine Aussage eingeschränkt und bei seinem Geständnisse angegeben, Minister Ruhstrat habe gespielt, er wisse aber nicht, mit wem, er glaube nur, daß Schmidt und Dr. Schleppegrell dabei gewesen sind, weil sie mit dem Minister verkehrten. Dann behauptete er, das Geständnis wäre ihm abgepreßt worden. Er will nicht mehr wissen, wie das gekommen ist. Ich beantrage also, die erste Frage wegen wissentlichen Meineids zu bejahen; aber auch die Frage ist zu bejahen, ob Meyer sich dadurch einer Strafe entzog, daß er die unwahre Aussage machte. Denn von Dr. Schleppegrell wäre sonst gegen ihn Strafantrag wegen Beleidigung gestellt worden. Zwar ist Meyer ein Opfer der Verhältnisse; deshalb wird ihn das Gericht wohl nicht in das Zuchthaus stecken, sondern er wird mit einer Gefängnisstrafe davonkommen. – Vert. Rechtsanwalt Dr. Herz (Altona): Bei den ersten Ruhstratprozessen schon hatte alle Welt die Empfindung, daß in Oldenburg eine große Spielleidenschaft herrschte, und daß Ruhstrat in der Spielergesellschaft eine hervorragende Rolle einnahm. Der erste Prozeß ließ es so scheinen, als wenn die Spielaffären des Ministers Ruhstrat alle weit zurücklägen, als ob es Jugendsünden

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 167. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_5_(1912).djvu/171&oldid=- (Version vom 15.7.2024)