Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 5 (1912).djvu/221

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5

unterbreitet. – Als nächster Zeuge erschien Pater Burckardt. Über das, was die Wagner ihm in der Beichte gesagt habe, verweigere er unter Berufung auf den Schutz des Beichtgeheimnisses die Aussage. Aber auch alles andere, was er mit der Verstorbenen gesprochen habe, falle in den Rahmen des Vertrauens. Er sei nach einer Gerichtsentscheidung nicht gezwungen, darüber nähere Bekundungen zu machen. – Staatsanwalt und Verteidiger verzichteten hierauf auf die weitere Vernehmung des Zeugen. – Oberinspektor Georg Zapf (Pasing bei München): Er kenne die Angeklagte seit 40 Jahren. Sie sei stets gutmütig, wohltätig und opferwillig gewesen. – Eine weitere Zeugin war Dienstmädchen Maier: Sie sei Dienstmädchen im Maximilianstift gewesen: An dem vielen Verdruß, den es im Stift gegeben, haben die Stiftsdamen selbst Schuld gehabt. Die Stiftsdamen haben alle Bemühungen der Oberin mit Undank gelohnt. – Vors.: Wie kommt es, daß Sie das in der vorigen Verhandlung nicht gesagt haben? – Zeugin: Als ich bei dem Herrn Untersuchungsrichter vernommen wurde, sagte mir dieser: Sie können der Heusler als Zeugin doch nicht helfen, die ist so gut wie überführt.“ Ich habe deshalb nicht erst viel in der vorigen Verhandlung gesagt. (Große anhaltende Bewegung und Ausrufe des Erstaunens im Zuhörerraum.) – Im ferneren Verlauf der Verhandlung kam zur Sprache, daß das Maximilianstift „Drachenburg“ auch „Eulenburg“ im Volksmunde hieß. – Sodann bekundeten mehrere Zeugen, daß die Wagner viel getrunken habe; ein halbes Maß habe sie in ein bis zwei Zügen geleert. Auf Vorhaltungen, die ihr wegen des reichlichen Alkoholgenusses gemacht wurden, habe sie erwidert, sie könne alles vertragen, denn Dr. Decker habe ihr bei der Operation eine Schweinsschwarte in den Magen genäht. Ferner wurden einzelne Vorfälle erzählt, aus denen hervorging, daß die Wagner andere Leute ohne Grund ins Gerede brachte, es aber bestritt, wenn sie deswegen zur Rede gestellt wurde.

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 217. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_5_(1912).djvu/221&oldid=- (Version vom 1.8.2018)