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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5

und dem Staatsanwalt. Es war kein Zweifel, die Erzählung des jungen Mannes war durch das ministerielle Schreiben vollständig bestätigt. Die Anklage richtete sich infolgedessen gegen den Kellner Martin Hirschmann. Er behauptete, er habe den Hund nicht gestohlen, der Hund sei ihm nachgelaufen. Da das Tier herrenlos war und Hunger hatte, habe er es aus Erbarmen mitgenommen. Die Zeugen vermochten diese Behauptung nicht zu widerlegen, der junge Mann wurde infolgedessen freigesprochen. „Lassen Sie sich aber nicht einfallen, nochmals derartige Sachen zu machen, das nächste Mal könnte es Ihnen doch übel ergehen, rief dem neugebackenen Jüngling der Vorsitzende zu. Mit einer vornehmen Verbeugung verließ der Angeklagte den Gerichtssaal. – Zur selben Zeit las man in einer medizinischen Zeitschrift: Bei einem Arzt im Westen Berlins erschien eine ältere Dame mit ihrer 19jährigen bildschönen Tochter. Die Mutter bat den Arzt, die Tochter zu untersuchen, da sie über Schmerzen klage. Der Arzt bat die Mutter, sich ins Wartezimmer zu begeben. Nach eingehender Untersuchung erklärte der Arzt der Mutter: Er müsse ihr eröffnen, daß die junge Dame in Wahrheit – ein Sohn – sei. Er wundere sich, daß, da die junge Dame doch schon ärztlich behandelt worden, dies nicht schon früher festgestellt worden sei. Die Mama, Gattin eines Berliner Großbankiers, traute ihren Ohren kaum. Der Arzt, ein alter Sanitätsrat, äußerte sich aber derartig bestimmt, daß jeder Zweifel ausgeschlossen war. Was der Papa zu der Metamorphose seines Sprößlings gesagt hat, vermochte man nicht zu erfahren. – Der bekannte Nervenarzt Dr. Magnus Hirschfeld (Berlin) stellte vor einigen Jahren in der Gesellschaft für soziale Medizin und Hygiene, die im Hörsale der Lassarschen Klinik, unter dem Vorsitz des Geheimen Regierungsrats Professors Dr. Mayet tagte, drei Leute vor. Der erste war ein 23 jähriger Schriftsteller. Er, richtiger sie – denn sie erschien

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 5. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 250. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_5_(1912).djvu/254&oldid=- (Version vom 1.8.2018)