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Seite:Friedlaender-Interessante Kriminal-Prozesse-Band 6 (1912).djvu/202

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6

worden sei. – Der Angeklagte bestritt, daß er sich strafbar gemacht habe. Er behauptete, dem Vertreter der Firma ausdrücklich gesagt zu haben, daß er das Automobil unter Eigentumsvorbehalt gekauft habe. Was das Darlehen betrifft, so habe er nicht ein bares Darlehen erhalten, sondern es sei vereinbart worden, daß er bei der Einlösung des Wagens statt 5600 Mark nur 5000 Mark zahlen, daß er die übrigen 600 Mark als Darlehen behalten solle und daß 260 Mark als Zinsen hinzugeschrieben werden würden. – Der Zeuge Hälsen bekundete: Der Angeklagte habe gesagt, er bedürfe des Geldes, um zu seinem Onkel nach London zu fahren; er habe auch von einer Braut gesprochen. Auf verschiedene Fragen und Vorhaltungen der Verteidiger erklärte der Zeuge noch: er habe das Darlehen im wesentlichen auf den bekannten Namen des Angeklagten gegeben. Er habe auch später nicht den Eindruck gehabt, als ob dieser sich vor ihm verstecken wollte. Der Bruder des Zeugen habe den Angeklagten zufällig in Wien gesehen, daraufhin sei er zur Tilgung der Schuld aufgefordert worden, habe Ratenzahlungen vereinbart; die Raten seien auch pünktlich eingegangen. – Im nächsten Anklagefall hatte der Angeklagte bei dem Hofschuhmachermeister Breitsprecher vom Juni 1909 bis 30. April 1910 elegante und sehr teure Stiefel anfertigen lassen. Der Preis der einzelnen Stiefel schwankte zwischen 40 bis 48 Mark. Der Angeklagte war der Firma 593 Mark schuldig geworden und hatte darauf 180 Mark angezahlt. Es wurde ihm nun eine betrügerische Absicht zur Last gelegt, indem behauptet wurde, er habe bei der Bestellung als Wohnort Schloß Gracht bei Wien angegeben. – Angeklagter: Ich habe in keiner Weise einen Betrug begangen. Man braucht bloß im Gothaischen Kalender nachzuschlagen, um zu sehen, daß meine Familie das Recht hat, sich Gracht zu nennen. Was die Stiefel betrifft, so ist die kontrahierte Schuld nur für Stiefel ja anscheinend etwas viel, aber man muß bedenken, daß ich aus Amerika gekommen

Empfohlene Zitierweise:
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 198. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/202&oldid=- (Version vom 13.11.2024)