Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6 | |
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Termin bezahlen konnte. In allen Fällen ist also ohne weiteres gegeben das Bewußtsein des Angeklagten, daß seine Gläubiger geschädigt würden. Nichts weiter ist nötig zu dem Tatbestandsmerkmal des Betruges. Er braucht nicht die Absicht gehabt zu haben, seine Gläubiger zu schädigen, er brauchte nur das Bewußtsein gehabt zu haben, daß sie geschädigt würden. Dieses eine Moment, das für alle Fälle zutrifft, ergibt aber nicht allein das Tatbestandsmerkmal des Betruges, dazu gehört mehr. Daß er die Absicht hatte, sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, bedarf keiner Erörterung. Zu dem Tatbestandsmerkmal des Betrugs gehört aber noch, daß er falsche Vorspiegelungen gemacht und dadurch einen Irrtum bei seinen Gläubigern erregt hat. Das Gericht geht nicht so weit, die Unterdrückung wahrer Tatsachen schon darin zu sehen, daß er nicht von vornherein mitteilte, er sei unvermögend. Das Gericht muß verlangen, um das Tatbestandsmerkmal des Betruges festzustellen, daß der Angeklagte tatsächlich durch falsche Vorspiegelungen seine Gläubiger getäuscht hat. Weil dies in den allermeisten Fällen nicht hat festgestellt werden können, ist die Mehrzahl der Anklagefälle in Wegfall gekommen. Dagegen bleiben drei Fälle übrig, bei denen die Vorspiegelung falscher Tatsachen erwiesen ist. Das ist erstens der Fall Gustke-Stöß, zweitens der Fall Horch und drittens der Fall Risch. Der Gerichtshof hat nicht den geringsten Zweifel, daß die Gustke tatsächlich dem Angeklagten ein Darlehen von 1000 Mark gegeben hat. Wenn die Gustke uns das allein bezeugt hätte, so würde es uns nicht einfallen, daraufhin den Angeklagten zu verurteilen, denn die Zeugin hat nach mancher Richtung hin doch Bedenken erregt. Die Aussage der Gustke wird aber außer Zweifel gestellt durch eine Unmenge anderer Tatsachen. Die Zeugin Haase hat bekundet, daß die Gustke zunächst zu Stöß kam und weit über 1000 Mark vorzeigte. Als sie nach einigen Tagen wiederkam, hatte sie das Geld nicht mehr, sondern einen
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 272. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/276&oldid=- (Version vom 2.1.2023)