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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6

Braut mag mit den Sachen machen was sie will. Es soll ihr niemand Vorschriften machen. Die Brillantnadel soll sie selbst tragen. Bar Geld wird sie etwa 15 000 Mark ausgezahlt bekommen. In die Lebensversicherung hätte man mich doch nicht aufgenommen, weil ich ein häßliches Leiden habe, das unheilbar ist.“ – Alsdann gelangte der Brief zur Verlesung, den Grete Beier an den Briefkasten des „Freiberger Anzeiger“ gerichtet hatte und in dem sie anfragte, wie ein Bräutigam seine Braut im Testament bedenken könne. Die Anfrage war unterzeichnet „Alexander Hermsdorf“. – In einem Briefe an Merker schrieb Grete Beier: „Mein über alles geliebter, bester, teuerster Hans! Vernichtet und zertreten werde ich durch Preßler, der mich fast in den Tod getrieben hat. Aufdecken will ich seine Schande, unerbittlich seinen Wahlspruch befolgen ‚Auge um Auge!‘ Er mag meinetwegen in die Hölle fahren, ich bin härter wie der härteste Stein ihm gegenüber. Wenn ich den Sieg errungen habe, dann werde ich Dir wieder gegenübertreten. Sein Maß aber ist voll, so mag auch die wohlverdiente Strafe ihn treffen. Noch wiegt er sich in Sicherheit, aber das Schicksal wird seinen Weg gehen. Mag er dann als Lohn Schande und Verachtung genießen. Ich will das so. Du wirst in den Augen meiner Eltern steigen, das wünsche ich. Gerechtigkeit muß sein.“ In einem anderen Briefe schrieb die Angeklagte an Merker: „Gedulde Dich nur, Deine Grete wird noch alles gut machen. Unangetastet wirst Du mich bekommen, wie Du mich immer besessen. Mit keinem Hauch wird er mich je berühren. Ich bin fest. Mit größerer Treue und Festigkeit, als ich Dich, hat noch niemals ein Weib einen Mann geliebt. Meine Liebe kennt keine Grenzen. Ich werde erst ruhig sein, wenn ich mir sagen kann, daß mein ‚Hans‘ auch wirklich ganz ‚mein‘ ist. Ich habe Dich dem Schicksal abgerungen. Das ist mein letztes Wort, das weitere wirst Du hören. Pfingsten gehen wir zusammen spazieren als Brautleute vor aller Welt. Ich

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 309. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/313&oldid=- (Version vom 1.8.2018)