Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6 | |
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die Wahrheit sagen? Bleiben Sie bei der Behauptung: Knitelius war wohl am Tatort, aber bei dem Magdeburger Einbruch nicht beteiligt? – Nitter (nach einer kurzen Pause): Wenn ich jetzt sage, Knitelius war nicht in Magdeburg, dann wird man es mir doch nicht glauben. – Vert.: Es handelt sich nicht darum, was man Ihnen glauben wird, sondern was wahr ist. Was aus Ihrer Aussage für Schlüsse gezogen werden könnten, darf Sie nicht kümmern. Ihre Pflicht ist es, vor Gericht die volle Wahrheit zu sagen. – Nitter: Ich will jetzt bekennen: Knitelius war nicht in Magdeburg. (Große allgemeine Bewegung.) – Vors.: Also jetzt behaupten Sie, Knitelius war nicht in Magdeburg? – Nitter: Ja. – Vors.: Sie wissen aus der Verhandlung gegen Sie, daß eine Anzahl Zeugen bekundet haben, Knitelius war in Magdeburg. Deshalb haben Sie gesagt, er war wohl am Tatort, war aber an der Tat nicht beteiligt. – Zeuge: Ich bitte um eine Pause, damit ich mich ein wenig erholen kann. Ich bin erschöpft. – Der Vorsitzende ließ den Zeugen hinausführen. – Es wurde darauf die gerichtliche Aussage der verstorbenen Prostituierten Haars verlesen. Diese hatte bekundet: Nach der ihr vorgelegten Photographie erkenne sie den Mann aufs bestimmteste wieder, mit dem sie in der Nacht vom 24. zum 25. Oktober 1908 in Magdeburg zusammen gewesen sei. – Fräulein Wieland: Sie habe in früheren Jahren in Frankfurt mit dem Angeklagten intim verkehrt; Zuhälterdienste habe der Angeklagte ihr nicht geleistet. – Geschäftsführer Krumme (Berlin): Ich bin Geschäftsführer des Detektivbureaus von Grützmacher in Berlin. Nitter war von Oktober 1907 bis Ende Januar 1908 bei Grützmacher als Detektiv engagiert. Im allgemeinen war Nitter ganz brauchbar. In der letzten Zeit erschien er aber oftmals in sehr derangierter Kleidung, wurde nachlässig und kam auch ungemein spät ins Bureau, er wurde deshalb entlassen. Er renommierte außerdem ungemein, er sei imstande, jeden Geldschrank zu öffnen,
Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 6. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_6_(1912).djvu/43&oldid=- (Version vom 4.12.2022)