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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7

auf sozialem Gebiete die Assoziation der Arbeiter zu gemeinschaftlicher Produktion und Konsumtion, auf politischem die direkte Gesetzgebung durch das Volk erstrebt. Ich glaube, mit Stolz sagen zu dürfen, daß die deutschen Arbeiter schon manches erreicht haben. Ohne unser Vorgehen würden wir z. B. noch nicht im Besitz des allgemeinen direkten Wahlrechtes sein, so verstümmelt es auch vorliegt in dem Reichstagswahlgesetz. Unsere Aufgabe ist, durch ruhige aber energische Agitation die Aufklärung über soziale und politische Verhältnisse im Volke zu verbreiten und so nach und nach die Verhältnisse in unserem Sinne umzugestalten. Ob das Endziel der Partei, der sozialistische Volksstaat, schließlich ohne Gewalt erreicht werden kann, das läßt sich nicht vorher bestimmen und hängt ganz und gar von den Gegnern der Bewegung ab. Die Bewegung wird sich mit eiserner Notwendigkeit entwickeln, keine Macht der Erde wird imstande sein, sie zu unterdrücken, weil sie in den Verhältnissen wurzelt. Hat die Bewegung Gelegenheit, sich in den Bahnen der Reform zu entwickeln, dann wird sie friedlich die Umgestaltung der bestehenden Verhältnisse vollziehen; wirft man ihr Gewalt entgegen, dann wird es wohl zur Empörung kommen. Ich hoffe auf die friedliche Entwicklung und glaube, daß die Angeklagten dieselben Ansichten hierüber haben. Unsere Aufgabe ist, das Volk aufzuklären und zu bilden; je gebildeter das Volk ist, um so leichter und friedlicher wird es sein Ziel erreichen. – Am dreizehnten Verhandlungstage begannen nach Stellung der Schuldfragen die Plädoyers. Staatsanwalt Hoffmann suchte in längerer Rede den Nachweis zu führen, daß die Angeklagten sich der Vorbereitung zum Hochverrat schuldig gemacht haben. Er hielt alle drei Angeklagten für schuldig, stellte aber den Geschworenen die Verurteilung Hepners anheim. „In betreff der Schuld der beiden anderen Angeklagten,“ so etwa schloß der Staatsanwalt, „kann aber kein Zweifel obwalten. Die Angeklagten Liebknecht

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 7. Hermann Barsdorf, Berlin 1912, Seite 147. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_7_(1912).djvu/151&oldid=- (Version vom 15.3.2023)