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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 9

die Örtlichkeit rekognosziert, die Ausführung der Tat am 16. wurde aber vereitelt, ebenso am 17. Als sie an diesem Tage an der Levyschen Wohnung klingelten, hörten sie das Geräusch von zuklappenden Türen, sie verloren deshalb den Mut und gingen hinab, um von der Hintertreppe einzudringen. Beim Passieren des Hofes bemerkten sie auf der Galerie, die an der Levyschen Wohnung entlang führte, drei Personen. Sie gaben deshalb den Plan für diesen Tag auf und antworteten auf die an sie gerichtete Frage nach ihrem Begehr, sie brächten Papier, wollten aber des Trinkgeldes wegen wiederkommen, wenn der Justizrat da wäre.

Am 18. Oktober 1896 sind sie in aller Frühe durch das Flurfenster über die Galerie in das Schlafzimmer des Levyschen Ehepaares eingedrungen und haben kalten Blutes die furchtbare Tat begangen, deren Opfer der alte Justizrat wurde, während Frau Justizrat gleichfalls bedenklich verwundet, aber durch ärztliche Kunst wiederhergestellt ward. Durch das Geschrei der Frau Justizrat wurden die beiden Mörder in die Flucht getrieben. Grosse lief nach der Friedrichstraße zu, Werner in der Richtung nach dem Kaiserhof. Da er Grosse hier vergeblich erwartete, kehrte er noch einmal um, um sich nach diesem umzusehen. Werner traf vor dem Levyschen Hause das Dienstmädchen laut um Hilfe rufend; er fragte es, was passiert sei, worauf das Mädchen erklärte, es seien Spitzbuben im Hause gewesen, er möge einen Schutzmann holen. Werner ging darauf zur Friedrichstraße zu und traf nach kurzer Zeit mit Grosse, wie verabredet, an der Löwengruppe im Tiergarten zusammen. Grosse ließ sich in der Sanitätswache in der Steglitzerstraße seine bei der Tat verletzte Hand verbinden, dann gingen beide in den Grunewald, von dort nach Spandau, dann zurück über Wilmersdorf und Potsdam. Hier trennten sie sich. Grosse ging nach Berlin zurück, Werner war über Potsdam, Brandenburg, Genthin, Halberstadt nach Zellerfeld gewandert. Dort wurde er am 29. Oktober verhaftet,

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 9. Hermann Barsdorf, Berlin 1913, Seite 220. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_9_(1913).djvu/224&oldid=- (Version vom 26.3.2023)