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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 9

von den furchtbarsten Folgen begleiteter, „Dummerjungenstreich" bezeichnet werden. Der Verteidiger meinte sodann, daß Grosse wohl derjenige gewesen sei, der unter dem Einflusse des viel gewitzteren Werner gestanden habe. Über das Strafmaß wolle er nicht sprechen, er wisse, daß er zu Richtern rede, die nicht abweichen würden von dem alten Grundsatz: „Fiat justitia!‘

Das Wort wurde alsdann dem Angeklagten Werner erteil. Mit fester Stimme erklärte er. Es sei nicht richtig, daß er den Grosse verführt habe. Umgekehrt sei es wahr. ‘Grosse habe noch verschiedene Diebstähle und Schlechtigkeiten begangen. Schon in der Schule habe er Bücher gestohlen und sie verkauft. Er habe auch ihn zu überreden versucht, mit einer größeren Summe durchzubrennen, sobald ihm eine solche einmal anvertraut werde.

Der Angeklagte Grosse bezeichnete dies als Unwahrheiten. Seine Mutter habe ihn stets vor Werner gewarnt und gesagt, er solle nicht mit ihm umgehen, denn er habe nichts Gutes im Kopfe.

Nach kurzer Beratung des Gerichtshofes verkündete der Vorsitzende, Landgerichtsdirektor Hoppe folgendes Urteil: Die Angeklagten sind sowohl der ihnen zur Last gelegten Diebstähle als auch des gemeinschaftlichen, teils vollendeten, teils versuchten Mordes für schuldig befunden und deshalb zu der höchsten zulässigen Strafe von je 15 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Das Gericht hat angenommen, daß die Angeklagten nach einem sorgfältig vorbereiteten Plane ihre Mordtat ausgeführt haben. Sie wollten stehlen und wußten, daß sie, um den Diebstahl ausführen zu können, morden mußten. Mit größter Sorgfalt haben sie den Plan bis in die Einzelheiten gemeinsam beraten und die Rollen verteilt. Jeder wollte die Tat des anderen als seine eigene betrachten, beide haben somit im bewußten Zusammenwirken gehandelt und deshalb die Folgen des gemeinsamen Handelns zu tragen. Unzweifelhaft hat den beiden Angeklagten

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Hugo Friedländer: Interessante Kriminal-Prozesse von kulturhistorischer Bedeutung, Band 9. Hermann Barsdorf, Berlin 1913, Seite 233. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Interessante_Kriminal-Prozesse-Band_9_(1913).djvu/237&oldid=- (Version vom 27.3.2023)