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Hugo Friedländer: Kulturhistorische Kriminal-Prozesse der letzten vierzig Jahre, Band 1

Konditorei gesessen habe, während das Verbrechen bereits nachmittags 3½ Uhr geschehen sei.

Diese Angaben wurden vollauf bestätigt. Der damalige Kriminalkommissar v. Stutterheim setzte sich an der Potsdamer- und Lützowstraßen-Ecke in eine Droschke erster Klasse (Taxameterdroschken und Autos gab es damals in Berlin noch nicht) und fuhr in schnellstem Trabe nach der Stätte des Verbrechens. Er legte die Tour innerhalb einer halben Stunde zurück. Damit war das Alibi nachgewiesen, zumal doch nicht anzunehmen war, daß v. Zastrow sich mit dem Knaben vorher verabredet hatte.

v. Zastrow wurde trotz des vollständig geführten Alibibeweises wegen Mordversuchs und widernatürlicher Unzucht angeklagt. Die Verhandlung fand im Oktober 1869 vor dem Berliner Stadtschwurgericht statt. Die Erregung des Berliner Publikums war so groß, daß man es nicht wagte, den Angeklagten von der Stadtvogtei, dem damaligen Untersuchungsgefängnis am Molkenmarkt, nach der Klosterstraße zu transportieren. Es wurde deshalb der Verhandlungssaal am Molkenmarkt, in dem die fünfte und siebente Kriminaldeputation abwechselnd Sitzungen abhielten, als Schwurgerichtssaal eingerichtet. Infolgedessen brauchte man den Angeklagten nicht über die Straße zu führen, er konnte von der Stadtvogtei über einen sehr langen Gang, den man „die Kegelbahn“ nannte, nach dem Sitzungssaale gebracht und ebenso wieder zurückgeführt werden.

Obwohl die Verhandlung unter Ausschluß der Oeffentlichkeit, jedoch mit Zulassung der Vertreter

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Hugo Friedländer: Kulturhistorische Kriminal-Prozesse der letzten vierzig Jahre, Band 1. Continent, Berlin 1908, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Kulturhistorische_Kriminal-Prozesse-Band_1_(1908).djvu/13&oldid=- (Version vom 1.8.2018)