Hugo Friedländer: Kulturhistorische Kriminal-Prozesse der letzten vierzig Jahre, Band 1 | |
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vor dem Schwurgericht zu Bozen wegen Mordes zu verantworten. Da Tourville mit großer Entschiedenheit bestritt, seine Gattin ermordet zu haben, wurde eine örtliche Augenscheinnahme vorgenommen. Eine Puppe von der Größe und Schwere der Frau Tourville wurde angefertigt. Mit dieser begaben sich die Prozeßbeteiligten, Gerichtshof, Geschworene, Staatsanwalt, Verteidiger und der Angeklagte, denen sich die Vertreter der Presse anschlossen, nach dem Stilfser Joch an die Stelle, von der Frau Tourville in die Tiefe gestürzt war. Die Probe ergab, daß ein Absturz nur durch gewaltsames Hinabstoßen erfolgt sein konnte. Die Geschworenen bejahten daraufhin die Schuldfrage wegen vorsätzlicher Tötung, verneinten aber die Frage betreffs der Ueberlegung. Der Angeklagte wurde zu 20 Jahren schweren Kerkers verurteilt.
Das abseits vom großen Weltverkehr im Kreise Oschersleben belegene ruhige Städtchen Kroppenstedt war vor vielen Jahren in aller Munde. Am Weichbild des Städtchens stand eine Windmühle. Eines Sonnabends im Jahre 1869 arbeitete der fünfzehnjährige Müllerlehrling allein in der Mühle, während der Müller und seine Gattin eine Hochzeit
Hugo Friedländer: Kulturhistorische Kriminal-Prozesse der letzten vierzig Jahre, Band 1. Continent, Berlin 1908, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Kulturhistorische_Kriminal-Prozesse-Band_1_(1908).djvu/17&oldid=- (Version vom 1.8.2018)