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Hugo Friedländer: Kulturhistorische Kriminal-Prozesse der letzten vierzig Jahre, Band 1

der Frau, von der er die Handtasche gekauft hatte, mit Bestimmtheit wiedererkannt. Er war auch im Restaurant von mehreren Leuten beobachtet worden, als er der Rot-Gretl zurief: „Es kommt ja nicht heraus.“ Auf Grund dieser erdrückenden Beweise wurde er nach fünftägiger Verhandlung vom Schwurgericht in Mainz zum Tode verurteilt und mittels Guillotine hingerichtet.


Ein moderner Blaubart vor den Geschworenen.

In den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts wohnte im Norden Berlins ein „Wunderdoktor“, namens Hermann Schechtel. Ehemals gehörte er der ehrsamen Gelbgießerzunft an. Sein Gewerbe hatte er aber längst an den Nagel gehängt, als ihm ein junges Mädchen aus sehr anständiger Berliner Bürgerfamilie die Hand zum Ehebunde reichte. Schechtel annoncierte, er kuriere Menschen und Vieh nach eigener, sicherer Methode. „Alle Leidenden ohne Unterschied, die von den Aerzten aufgegeben sind, finden sichere Hilfe bei Schechtel. Dieselben Erfolge erziele ich bei krankem Vieh.“ Diese Ankündigungen verschafften dem Mann eine Praxis, um die ihn mancher Arzt beneiden konnte. Schechtel hätte in verhältnismäßig kurzer Zeit ein Vermögen erwerben können, so groß war der Zulauf von Leidenden aller Art, wenn er nicht dem Laster des Morphinismus

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Hugo Friedländer: Kulturhistorische Kriminal-Prozesse der letzten vierzig Jahre, Band 1. Continent, Berlin 1908, Seite 66. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Friedlaender-Kulturhistorische_Kriminal-Prozesse-Band_1_(1908).djvu/66&oldid=- (Version vom 1.8.2018)