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fühlendes Wesen, als welches er die Herrschaft über die Kreatur besitzt, als welches er Gottes schöpferische Thätigkeit nachbildet durch die Selbstfortpflanzung, die erhaltende Thätigkeit Gottes durch die Arbeit; das alles ist gegeben mit der Persönlichkeit des Menschen.


§ 14.
Von der Ebenbildlichkeit, die zur Substanz des Menschen gehört und daher unverlierbare Eigentümlichkeiten und Vorzüge des Menschen bezeichnet.

 Die Anlage zur Religion setzt voraus, daß der Mensch eine Person sei, d. h. nicht bloß ein fühlendes, sondern auch ein wollendes und vernünftiges, ein sich selber bestimmendes, ein sich seiner bewußtes Wesen. Darin besteht also mit seine Gottähnlichkeit, daß er wie Gott eine Persönlichkeit ist, und daß er unter den irdischen Geschöpfen das einzige ist, das persönlich mit Gott verkehrt. Der Mensch weiß sich aber als ein geistleibliches Geschöpf. Er besteht aus Leib und Seele. Ob auch darin seine Gottähnlichkeit sich kund gibt, da doch Gott Geist ist und keine Leiblichkeit hat wie wir? (Ob hier auf den Sohn und dessen in die Gottheit aufgenommene Menschheit Bedacht genommen?) Von einer Gestalt Gottes dürfen wir jedenfalls reden. –

 Der Mensch ist ein wollendes Wesen. Man muß aber den Willenstrieb[1], der seinem Naturleben angehört, von dem frei entscheidenden Vermögen, dem freien Willen, der seiner Person angehört, unterscheiden. In dieser Freiheit zu entscheiden, in dieser Autonomie des Wollens, vermöge der er durch nichts außer ihm gezwungen werden kann, zu wollen, was er nicht will, liegt ein Stück der Gottähnlichkeit; nur daß die geschöpfliche Freiheit eine bedingte und begrenzte, die Freiheit Gottes eine absolute ist. Durch diese Freiheit ist der Mensch, doch nur im gewissen Maße, ein Gott ebenbürtiges Wesen, ein Vorzug, den auch die Engel mit ihm teilen. Diese Freiheit macht ihn zum Herren über sein ewiges Ergehen; er ist seiner selbst mächtig; sie macht ihn aber auch verantwortlich für sein Thun. Auf dieser Befähigung ruht alles sittliche Verhalten, und der Gebrauch, den


  1. Der Willenstrieb ist zunächst auf die Selbsterhaltung gerichtet und ist der leiblichen Natur entsprungen (? äußert sich zunächst auf diesem Gebiet.); er will aber nicht nur leben und das Leben erhalten, sondern auch des Lebens Grund und Ziel erkennen, und das kommt von seiner geistigen Natur. Der dem Gegenstand des Wollens zugewendete, ihn bejahende und mit ihm sich eins fühlende (?) Wille ist die Liebe (Harleß).