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auch zur Zeit feindlicher Einfälle verloren, denn die mahomedanischen Eroberer vernichteten stets mit vandalischer Wut alles Geschriebene, das sie bei ihren Plünderungen vorfanden. Die Wiedergeburt der lateinischen Litteratur, welche im fünfzehnten Jahrhundert so sehr das geistige Leben Italiens und anderer Länder beeinflusste, erreichte Georgien nicht und es scheint sogar, dass seine Bewohner bis zur Mitte des achtzehnten Jahrhunderts die lateinischen Klassiker gar nicht gekannt haben.

Die Gründung einer Druckerei in Tiflis im Jahre 1712 brachte endlich wieder einen Strahl geistigen Lebens in das Land und König Wachtang VI., welcher selbst Schriftsteller war, liess sogleich eine ansehnliche Zahl Bücher religiösen und weltlichen Inhalts drucken.

Der noch vor ihm lebende Sulchan Arbeliani bereicherte nun das Schrifttum seines Vaterlandes wieder mit einigen wissenschaftlichen Werken, von denen eins einen unbestrittenen Wert besitzt. Es ist das ein georgisches Wörterbuch, welches an 25000 Wörter enthält, die der emsige Verfasser im Laufe von dreissig Jahren aus den Werken früherer Schriftsteller ansammelte. Sulchan Arbeliani’s Lebenslauf war übrigens reich an Abenteuern, denn er reiste viel in Europa herum und nahm hier auch die katholische Religion an, der er jedoch gegen Ende seines Lebens wieder entsagte. Seine Reiseerlebnisse erzählt er in einer „Reise durch Europa“ und ist ausserdem auch der Verfasser einer „Fabelsammlung“, in welcher er mit viel Humor die Makel seiner Landsleute geisselt.

Die schwache Bewegung, welche unter König Wachtang eingetreten war, schwand bald wieder, denn nicht lange darauf fielen die Perser in Georgien ein und zerstörten nicht nur die Tifliser Buchdruckerei, sondern verbrannten auch viele schon gedruckte Bücher. Ein gleiches Schicksal erfuhr die zweite vom Könige Heraklius II.

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Arthur Leist: Georgien. Natur, Sitten und Bewohner. Verlag von Wilhelm Friedrich, Leipzig 1885, Seite 104. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Georgien._Natur,_Sitten_und_Bewohner.pdf/107&oldid=- (Version vom 1.8.2018)