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war jedoch Barataschwili durch und durch ein Georgier und wenn er auch seine Landsleute an Kraft der Reflexion bedeutend überholte, so vermochte er es doch nicht in der düstern Sphäre des Zweifels auszuharren und sehnte sich bald wieder in die romantische Gedankenheimat seiner ersten Jugendtage zurück. Er war weder ein gelangweilter Weltbürger, noch ein mysteriöser Philosoph, sondern ein Dichter voller Kraft, der von den Klängen der Byronschen bezaubert, sich eine Zeit lang dem Weltschmerze ergab, aber bald seinen Fehltritt bereute und mit einer des Georgiers würdigen Verzweiflungskraft das Joch abzuschütteln suchte.

Nachstehendes Gedicht zeigt, wie sehr er es beklagte, dem Phantome Child Harolds gefolgt zu sein und welchen Schauder er vor seinem dämonischen Verführungsreize empfand:

O böser Geist, wer hat dich auserkoren.
Dich mir zum schnöden Führer hergesandt,
Auf dass ich folgte so in dich verloren,
Den irren Blick dem Bösen zugewandt?

Sag’ an, wohin nahmst du den Seelenfrieden,
Der mir in schönern Tagen eigen war.
Und den ich hielt für’s grösste Glück hieniden.
Da mich der Glaub’ noch schützte vor Gefahr?

Und das vollbrachtest du an meinem Leben,
Du, der du mir der Freiheit Gut geschenkt.
Mir statt der Leiden nur Genuss gegeben
Und jeden Wunsch ins Meer der Lust gelenkt!

Wo sind denn die Verheissungen geblieben.
Mit denen du den Sinn mir einst bestrickt?
In eine Hölle hast du mich getrieben
Und nun ist plötzlich deine Macht entrückt!

Verflucht sei jene unheilvolle Stunde,
Da deinen Heuchelworten ich Gehör einst gab
Und lüstern beitrat zu dem sündigen Bunde,
Der hin mich riss in meines Glückes Grab.

Empfohlene Zitierweise:
Arthur Leist: Georgien. Natur, Sitten und Bewohner. Verlag von Wilhelm Friedrich, Leipzig 1885, Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Georgien._Natur,_Sitten_und_Bewohner.pdf/110&oldid=- (Version vom 1.8.2018)